Wichtige Arbeit, die niemand bezahlen will

Gamestar lol. Da ist von alter Qualität leider echt nicht mehr viel geblieben. Sehr schade.

1 „Gefällt mir“

Bin etwas late to the party, will meinem Kollegen Dom hier aber noch geschwind den Rücken stärken und etwas ergänzen: Journalismus ist ganz allgemein unterbezahlt, von Videospieljournalismus selbst fange ich erst gar nicht an. Ich kann es mir auch nur leisten, nebenher für so tolle (und revolutionäre) Medien wie WASTED und Superlevel zu schreiben, weil ich das Glück habe, fest in einer anderen Redaktion arbeiten zu können. Niemals aber könnte ich es mir vorstellen, von hier wegzugehen und mich im (Videospiel-)journalismus selbstständig zu machen. Ich habe das Gefühl, dass viele Menschen nicht verstehen, wie ein journalistischer Text entsteht. Und deswegen nicht bereit sind, die Zeilen zu zahlen. Source: Arbeite bei einer Tageszeitung. (Die Community hier ist von diesen Vorwürfen natürlich ausgenommen.)

7 „Gefällt mir“

[quote=„Michael, post:6, topic:1533, full:true“]

Hier frage ich mich, ob der durchschnittliche Videospiel-Konsument diese Storys überhaupt sucht bzw. braucht. Die großen digitalen Politik- und wirtschaftsjournalistischen bieten zwischen fetten Recherchen halt auch viele News und Quatsch. Das kenne ich aus dem Spielejournalismus nicht.

Die Spezialisierung auf Spiele ist vermutlich eh nicht so wichtig, sondern eher Wirtschaftswissen, um der Milliardenbranche auf den Zahn zu fühlen. Daher denke ich, dass starke Stücke über die Branche eher von Investigativ-Teams der großen Häuser gemacht werden, denn von der Gamestar.

Apropos: welche Deutschen Magazine/Webseiten behandeln ihre Journalist*Innen gut und sollten auch daher gelesen und unterstützt werden?

1 „Gefällt mir“

Ich glaub, du hast da etwas dein Quote-Mechanismus zerschossen.

Ich glaube, das ist eine Frage, die eigentlich irrelevant ist. Denn wirklich investigative Geschichten zur Games-Branche wären thematisch sehr übergreifend. Sie würden die Games-Branche betreffen, Games an sich, Gesellschaft, Kultur, Arbeitsrecht und wohl mehr. Sie würden nicht geschrieben werden, weil irgendein Leser danach suchst, sondern weil sie von öffentlichem Interesse sind. Sie würden geschrieben, weil sie relevant sind.

Was die Spezialisierung auf Spiele angeht, da liegst du wohl teilweise richtig. Es wären wohl im Kern eher gesellschaftliche und ökonomische Geschichten, die dabei rumkommen. Aber: Es hilft natürlich, wenn jemand die Produkte kennt, die Kultur der Studios, die Geschichte der Publisher versteht und Einblick und Kontakte in diese Szene hat.

Und ich hatte es bereits oben angerissen, dass erste Investigativteams (die mit etablierten Medien verbandelt sind) durchaus Interesse an der Branche zeigen. Eben weil sie wächst und sich dort immer wieder Skandale zeigen.

1 „Gefällt mir“

Wieso interessieren sich eigentlich die Gewerkschaften nicht im Allgemeinen für sowas? Sollten die nicht entsprechenden Investigativjournalismus aus Eigeninteressen fördern?

1 „Gefällt mir“

Der Artikel geht von der falschen Prämisse aus, dass Investigativjournalisten Einzelkämpfer sein müssen. Nicht ohne Grund werden wirklich wichtige Sachen oft von einem Rechercheteam aufgedeckt, in dem mehrere Redaktionen (NDR, WDR, Süddeutsche Zeitung) verbunden sind. Die Arbeit als freier Spieleredakteur ist schon so kein Zuckerschlecken. Vieles spielt sich auch außerhalb Deutschlands statt, die paar Studios in Deutschland liefern da wahrscheinlich nicht genügend Material für spannende Enthüllungen. Zumindest nicht um damit einen freien Redakteur 12 Monate im Jahr ernähren zu können. Möglicherweise wäre es sogar besser, wenn das Redaktionen der Öffentlich Rechtlichen oder Magazine wie der SPIEGEL oder die ZEIT aufdecken, weil die weniger verstrickt sind in der Branche als ein freier Redakteur, der nur über Spiele schreibt.

Dass immer weniger Menschen die Arbeit bezahlen wollen, trifft auch viele Redaktionen. Sieht man ja an den Auflagenzahlen von ehemals erfolgreichen Heften wie der Gamestar. Gibt halt unzählige YouTube-Kanäle und Podcasts, die nix kosten.

Am Besten ist es sich eine kleine Nische zu suchen und dann in der zu überleben. Den Massenmarkt erreicht man eh nicht mehr. Das schaffen aktuell vor allem Retromagazine, aber auch die M!Games. Die hat sich 2008 von der DVD getrennt und ist mit ihren Lesern gemeinsam erwachsen geworden, anstatt auf nachwachsende Generationen abzuzielen wie klassische Kinder- und Jugendmagazine. Investigative Reportagen, die Missstände aufdecken, gibt es in der M!Games zwar auch nicht, aber zumindest Reportagen, die online nie grünes Licht bekommen hätten, wie ein achtseitiges Special über alle Ottifanten-Spiele.

GamersGlobal hat auch öfters mal ganz lesenswerte Reportagen:

7 „Gefällt mir“

Ich weiß worauf du hinauswillst und grundsätzlich stimmt die Logik auch.
Aber D ist das Land mit der 4. größten Wirtschaftskraft, der deutschsprachige DACH Bereich sogar auf Platz 3.

Also an der Zahl oder der Finanzstärke der potentiellen Leser kann es nicht liegen.

An der Finanzstärke nicht, aber du kannst in den USA einfacher etwas Werbefinanziert machen.

1 „Gefällt mir“

Und auch Publikumsfinanziert. Der Markt ist englischsprachig (und auf die Interessen eines englischsprachigen Publikums fokussiert) einfach automatisch um ein vielfaches größer.

1 „Gefällt mir“

Wir verstehen uns einfach. <3

1 „Gefällt mir“

In D gibt es 36k festangestellte Journalisten.
Und insgesamt >100k Journalisten.

Wenn also bestimmte Themen nicht (hinreichend genug) bearbeitet werden (wie investigativer Gamesjournalismus), dann kann das nicht an der Manpower liegen.

Ohne unverschämt wirken zu wollen – die Annahme ist falsch. Ich habe im Januar einen Monat lang ein Ressort komplett alleine geschmissen. Ich kam wöchentlich auf 60-70 Stunden. Unterbesetzung ist ein reales Problem im Journalismus. Und wie Dom schon erklärt hat: Wer sich in die Selbstständigkeit traut, kann sein Leben nicht mit einem Investigativstück pro Quartal finanzieren. Wir brauchen andere Strukturen in dieser Branche, um unserer Arbeit richtig nachgehen zu können.

6 „Gefällt mir“

So einfach ist es leider nicht. Schon alleine, weil Journalist keine geschützte Berufsbezeichnung ist und sich jeder so nennen kann. Daher arbeiten viele „Journalisten“ auch nicht bei der Presse, sondern gerne in Pressestellen. Und selbst bei PR- und Marketingagenturen findest du Menschen, die angeblich journalistisch arbeiten. Und selbst Menschen, die irgendwelche Verschwörungs-Telegram-Kanäle betreiben, sagen, dass sie Journalisten sind.

Daher ist es schwierig, die Zahl der „echten Journalisten“ in Deutschland seriös zu bestimmen.

Dazu kommt natürlich noch, dass bestimmte Formen des Journalismus bestimmte Fähigkeiten, Neigungen und Interessen voraussetzen. Es gibt nicht so viele Leute, die wirklich gute Fotojournalisten abgeben, die Auslandskorrespondenten sein oder sich gut in Kriegsgebieten bewegen können. Und das gleiche gilt nun mal auch für ernsthafte und langwierige Investigativrecherchen. Jemand, der rasendschnell Nachrichtenticker befüllt ist nicht gleich auch ein guter Investigativreporter.

4 „Gefällt mir“

Das ist nicht unverschämt, im Gegenteil deine Erlebnisse werden leider oft vorkommen.

Ich wollte nur feststellen, dass der Grund nicht an der Anzahl der Journalisten liegt, sondern an deren Allokation auf Themen.

Eine der besten investigativen Gamesjournalistischen Werke ist meines Erachtens vom Team des ZDF Magazin Royals zu Coin Master:

Wie viel Zeit wurde darauf verwendet? 5 Arbeitswochen? 10? 20?
Warum konnten dies oder ahnliches nicht von anderen gemacht werde?

2 „Gefällt mir“

Weil Öffentlich-rechtlicher Rundfunk wichtig und geil ist.

So wahnsinnig viel steckt da glaube ich gar nicht drin, die tragen ja vor allem Infos zusammen, die es so schon gab und reichern das mit 'nem Experteninterview an. Im Grunde der Inhalt eines normalen Artikels der so zu dem Thema erscheinen würde – nur, dass z.B. Mobilegames gerade in der Gamepresse eh kaum stattfinden, weder im positiven noch im negativen.

3 „Gefällt mir“

Neo

:wink:

Es gibt eben so Berufe, die jeder machen will. Dank Angebot und Nachfrage werden solche Berufe dann mies bezahlt. Müllabfuhrjobs und Bestatter werden recht gut bezahlt, weil das keiner machen will. Das regelt alles der Markt. Wären Spielejournalisten auch noch gut bezahlt, dann würde ich auch sofort einer werden.

2 „Gefällt mir“

Sind beide Jobs aber wirklich privatisiert? Ich rede nicht von privatisiert, aber in öffentlicher Hand oder über die man nur durch öffentliche Ausschreibungen kommt.

Systemingenieure in der Industrie werden sehr gut bezahlt, den will aber kaum mit Erfahrung oder über einen längeren Zeitraum machen, weil niemand Lust hat Tag-ein tag-aus Lastenhefte zu lesen.

Bestatter sind denke ich schon privatisiert, wüsste aber auch nicht ob das wirklich einen großen Unterschied macht. Wenn keiner bei der Müllabfuhr arbeiten will, müssen sich auch Kommunen was einfallen lassen und am Lohn zu drehen ist in der Regel das einfachste.

1 „Gefällt mir“

Der Markt profitiert passenderweise auch vom Fehlen eines kritischen Journalismus.

3 „Gefällt mir“