@bolko Autsch, das ging jetzt aber sehr weit am Thema vorbei.
Dann nehme ich jetzt also mit, dass ich als privilegierter, weißer Deutscher mit blauen Augen am Besten über gar nichts mehr diskutiere oder meine Gedanken öffentlich mache, da es immer und überall anderen Menschen schlechter geht…
Das wäre jedoch eine arg zynische Logik und meiner Meinung nach auf keinen Fall erstrebenswert.
Die Gedanken von Dom sind durchaus nachvollziehbar.
Denen kann man zustimmen (wie ich), oder auch nicht, jedoch nicht mit einem kategorischen „vom Tisch Wischen“ in die Tonne treten, auf der „Blödsinn“ gedruckt ist.
Investigativer Journalismus innerhalb der Spielebranche schließt doch nicht aus, dass Budget von anderen investigativen abgezogen wird oder dass jener dann herabgewürdigt wird.
Und für mich gibt es in den letzten Jahren (vorher war mir das vielleicht einfach nicht so bewusst) nichts langweiligeres mehr als überall die mehr oder weniger gleichen Previews, Reviews und Tipps zu den immer gleichen Spielen zu lesen.
Dieses Bewusstsein hat sich bei mir vor allem durch die ganzen Podcasts gewandelt, da hier sehr oft dadurch, dass zwei oder drei Leute ein Spiel beleuchten, der ganze Ansatz interessanter wird.
Und eben auch immer mehr Folgen über die Branche und hinter die Kulissen kommen.
Hier wäre für mich der nächste Schritt hin zu investigativen Artikeln nur logisch.
Und ich wünsche Dom und allen, die eine gewisse journalistische Ehre haben, dass diese Situation in Zukunft besser wird…
Amen
Mag sein dass ich übers Ziel hinausgeschossen bin.
Ja schon, aber wenn es im Kleinen ja nicht finanzierbar ist?
Ja, und nein. Denn man muss sehen, dass viele Publisher international agieren – ebenso wie viele Großkonzerne aus anderen Feldern auch. Ubisoft, Microsoft (mit Bethesda) und Epic Games haben alle Studios/Niederlassungen in Deutschland. Der Embracer Group gehört mittlerweile Kochmedia, das seine Wurzeln in Deutschland hat.
Das macht Berichte eigentlich umso wichtiger und interessanter, weil sie eben oft nicht nur in einem deutschen Kontext stattfinden, sondern einem internatinalen.
Während die Produktion eines entsprechenden Textes immer gleich viel kostet, holt man den über die Leserschaft entsprechend rein. Ein deutschsprachiger Artikel muss das mit einer viel kleineren Leserschaft reinholen, bei gleichen Kosten.
Das ist die Tragik, aber eigentlich kein Argument dagegen, oder?
Das ist dann die ewige Frage, ist es nicht finanzierbar oder wird es nur nicht finanziert.
Aber was ich meinte ist auch eine Frage der Kontakte und des Fachwissens. Es würde ja um so teurer werden, je mehr sich in ein Thema eingearbeitet wird um dort zu berichten. Also macht es Sinn das zB ein Dom dies im Videospielbereich tut, jemand mit Fachwissen in der Politik halt schneller dort Ergebnisse bringt etc.
Ja, aber deswegen sind die entsprechenden Berichte im englischsprachigen Bereich angesiedelt und nicht bei uns
Die Kritik im Text richtet sich doch an den deutschen Sprachbereich.
mit „agieren International“, „Großkonzernen“ und
lieferst du doch genau die Gründe wieso Englisch die richtige Sprache ist. Da frage ich mich dann schon, ob nicht die Kritik falsch gerichtet ist.
Eh, nein.
Genau genommen richtet sich die Kritik an die Gegebenheiten für Journalisten in Deutschland, die aus Deutschland und in Deutschland berichten.
Dazu: Wieso sollten investigative Berichte über die Spielebranche bzw. Studios internationaler Spielekonzerne in Deutschland nicht auf deutsch und englisch erscheinen? Es wird nirgendwo gesagt, dass Deutsch die einzige Sprache sein soll. Ich glaube, da hast du unabsichtlich etwas hineingelesen, das so nicht gemeint ist.
Beispiele gibt es ja dafür. Texte mit internationalem Bezug bzw. von internationalem Interesse erscheinen beispielsweise bei Netzpolitik, Spiegel, Zeit und einigen anderen immer mal mehr zwei- oder mehrsprachig.
Wobei du natürlich einen Punkt hast. Als deutscher Journalist steht es einem durchaus offen, sich auch an ausländische Publikationen zu wenden. Bzw. mit internationalen Teams und Publikationen zusammenzuarbeiten. Hab ich auch schon gemacht – und ist durchaus spannend.
Im Text steht direkt am Anfang „in Deutschland“ (okay, das sagt nichts über die verwendete Sprache), aber es wird 3x erwähnt, dass dein deutscher Jason Schreier nicht möglich wäre. Natürlich nicht, weil man sich damit auf Deutschland einschränkt. Es heißt auch „Investigativjournalismus in Deutschland“ um über Missstände bei Studios in Deutschland zu berichten, also über eine Branche die es in Deutschland quasi nicht gibt (bzw. Piranha Bytes mit Elex 2 das Aushängeschild darstellt). Da wird es also sogar noch auf Deutschland eingeschränkt.
Möglich wird es, wenn man sich international umsieht, wie du es gemacht hast und es Np, Spiegel, Zeit, SZ usw. auch macht. Die Frage ist also nicht wieso es hier so beschissen ist Investigativ im Gaming unterwegs zu sein, sondern wieso es kein Investigatives Recherchenetzwerk gibt, dass sich dem Thema widmet. DU hast es ja somit richtig gemacht und dich an ausländische Publikationen gewidmet.
Man darf auch nicht vergessen: Mit Missständen in der Videospielbranche wird man schwieriger den Pulitzer gewinnen, als mit fetten politischen Skandalen,
Eben, genau! Denn in Deutschland bedeutet nicht „auf Deutsch“.
also über eine Branche die es in Deutschland quasi nicht gibt
Ich glaube, du unterschätzt die Größe der Games-Branche in Deutschland etwas. Natürlich ist die hiesige Landschaft nicht mit den USA, Japan oder Kanada zu vergleichen. Da liegen Welten dazwischen. Aber „quasi nicht gibt“? Sorry, aber das stimmt nunmal echt nicht.
Die Frage ist also nicht wieso es hier so beschissen ist Investigativ im Gaming unterwegs zu sein, sondern wieso es kein Investigatives Recherchenetzwerk gibt, dass sich dem Thema widmet.
Naja, das ist schon eine Frage, aber, ja, da bin ich bei dir, nicht die richtige Frage. Das sind sich viele auch hier ziemlich einig. Es gab in der Vergangenheit übrigens Bemühungen, so ein Recherchenetzwerk aufzuziehen – aber das war zu einer Zeit, als das Thema noch stiefmütterlicher behandelt wurde als jetzt. Dazu ist es so, dass bei einigen Investigativteams (auch in Deutschland) das Thema langsam ins Sichtfeld rückt – insbesondere nach Enthüllungen wie um Activision.
DU hast es ja somit richtig gemacht und dich an ausländische Publikationen gewidmet.
Ja, aber da war ich nur Teil eines kleinen Teams.
Man darf auch nicht vergessen: Mit Missständen in der Videospielbranche wird man schwieriger den Pulitzer gewinnen, als mit fetten politischen Skandalen,
Das ist aber wohl auch nicht das primäre Ziel. Und ich bin nicht so sicher, ob sich damit nicht letztlich doch Preise und Anerkennung kassieren lassen.
Was ist „Journalismus“ eigentlich? Was macht es „investigativ“? Es mag kein Mensch, wenn die Diskussion auf Grundsätze und Definitionen zurückgelenkt werden, aber es wird mir nicht klar, wo dieser Missstand nicht gilt. Wieso bekomme ich das Gefühl, dass das Problem nicht benannt wird, sondern lediglich Symptome?
Es kommt das Gefühl auf, und das ist nicht nur hier der Fall sondern immer dann wenn sich dieser Diskurs zeigt, dass ein heroisches Bild dieses Berufsstandes vorherrschend ist. Besonders wenn dann noch die Charakteristik „investigativ“ herangezogen wird bilden sich Erwartungshaltungen, die am besten zu Filmen wie Die Unbestechlichen (1976) passen, also nahezu immer fiktiv sind.
Journalismus ist für viele Menschen zwar in der kollektiven Mythologie eine neutrale Übermittlung von Informationen, aber bei genauerem Hinsehen entpuppt sie sich auch in der Vorstellung als heroisch, setzt sich zum Beispiel mit so geladenen Begriffen wie „Wahrheit“ auseinander und stilisiert sich als notwendiger gesellschaftlicher Mechanismus in Opposition gegenüber etablierter Macht. Dieser Berufsstand hat aber nicht nur im Bezug auf Spiele in den letzten Jahrzehnten eine harte Zeit hinter sich, sondern in allen Bereichen des öffentlichen Lebens, ob „investigativ“ oder nicht, denn sie befindet sich nicht mehr in der Opposition, und das war auch in ihrer Geschichte nur in Ausnahmen der Fall.
Wir wollen aber Geschichte schreiben und nicht Mythologie.
Wenn wir auf den investigativen Journalismus in Amerika blicken, dann ist nicht nur die Persönlichkeit Jason Schreier im Bezug auf Spiele eine Ausnahme: die einzige Organisation, die tatsächlich bekannt ist, und hier sollte man bereits Verdacht schöpfen, bleibt weiterhin ProPublica, die sich aber aus privaten Stiftungen finanziert. Diese Stiftungen repräsentieren etablierte Macht auf allen Ebenen. Hier auch eine wichtige Frage: inwiefern destabilisieren diese Institutionen eigentlich die wirtschaftlichen Verhältnisse, die die Missstände schaffen, über die sie letztendlich berichten. Stellen sie dagegen überhaupt eine Bedrohung dar? Wie verhalten sie sich, wenn es um die Wurzel dieser Probleme geht?
Was bringt das „Enthüllen“ eigentlich? Gibt es wirkliche Änderungen und Bestrafungen? Wissen wir nicht ohnehin über diese Missstände Bescheid? Und, wichtiger, wie werden die Menschen geschützt, die diese Enthüllungen ermöglicht haben? Vor nicht allzu langer Zeit gab es hier auf diesem Feld schwere Fehlschritte, wie es in den persönlichen Handlungen von Cecilia D’anastasio zu sehen war. Das erschwert die Vertrauensbildung, die ohnehin durch die enge Beziehung zwischen Industrie und Journalismus verkompliziert wird.
Das bringt uns zum eigentlichen Problem, denn in dieser Kritik fehlt der Bezug zum Kapital selbst. Lösungsansätze brauche ich gar nicht, aber das Wurzelwerk der Probleme sollte benannt werden: „journalistischen“ Publikationen sind profitorientiert. Das wissen wir alle, aber dann sollte es nicht überraschend sein, wieso der Journalismus nicht gut bezahlt wird, besonders nicht jene Art von Journalismus, die diesen Entwicklungen und Kapital generell kritisch gegenüber steht.
Wieso dann der Ansatz den investigativen Journalismus am Profit zu orientieren nicht funktioniert, sollte dann auch auf der Hand liegen. Wie in der Diskussion über diesen Artikel bei Insert Moin aber angesprochen, ist ein Kollektiv keine schlechte Idee. Es ist zumindest ein Lösungsansatz. Ich bin mir aber auch sicher, dass investigativer Journalismus komplett anders gedacht werden sollte, mit mehr Fokus auf die Menschen, die diese Enthüllungen überhaupt erst möglich machen, ohne die Idolisierung von Personen wie Schreier und D’anastasio.
Uff, mittlerweile viel geschrieben worden zu dem Thema hier. Scheinen viele eine Meinung zu zu haben. Dom hat auch bei Insert Moin nochmal über seinen Artikel gesprochen: hier
Da wurde auch z.B. thematisiert was denn Deutschland-spezifisches zu berichten wäre.
Hier meine wie üblich langen 2ct zum Thema (***):
Ich hab irgendwann als es noch zwei Deutschlands gab quasi von meinem ersten Taschengeld ein Spiegel-Abo gekauft. Das hab’ ich bis heute. Nicht weil ich jeden oder auch nur viele Artikel darin lese, oder weil ich immer deren Meinung wäre. Sondern einfach weil ich glaube das investigativer (oder einfach nur „guter“) Journalismus wichtig ist für die politische Hygiene in Deutschland. (4. Gewalt, ihr wißt schon).
Vereinfacht: Deutschland wird ein besseres Land dadurch, dass es guten Journalismus gibt (*). Das ohne guten (bzw. freien) Journalismus Demokratie irgendwann nicht mehr viel Wert ist sieht man ja gerade sehr gut in Russland.
Das ist prinzipiell durchaus eine Demokratie. Nur ohne mächtigen freien Journalismus nützt einem das halt nur begrenzt.
Und bei Spielejournalismus ist es genauso: ich glaube, dass guter Spielejournalismus letztlich dazu führt, dass ich bessere Spiele spiele. Das ist der simple Anspruch, den ich an Spielejournalismus habe.
Wenn Spielemagazine via Werbung letztlich von der Spieleindustrie finanziert werden, ist das eben gerade kein Journalismus. Sondern eher der Versuch mir die immer gleichen Blockbuster in den Rachen zu schieben. Innovationen gibt’s dann nur bei neuen Monetarisierungs-Lootboxen-Mechanismen.
Also muss unabhängiger Journalismus her. Nur wie finanzieren? Es ist sicher so, dass ein Medium das sich nur mit investigativen Spiele-Sachen beschäftigt wohl schlechte Karten hätte: permanent schlechte Nachrichten will kein Mensch, jedenfalls nicht wenn’s um die eigene Freizeitgestaltung geht.
Folglich braucht’s eine Mischung aus Dingen die Leute gerne lesen (und gerne dafür zahlen), und dann eben den investigativen Dingen, also Dingen die die Leute lesen sollen. (**)
Dafür braucht so ein Medium dann eine gewisse Größe: pro 10 Happy Elden Ring Regenbogeneinhorn-Artikel gibt’s dann ein investigatives Schwergewicht.
Wer könnte das sein? Kandidaten wären imho
- die gamestar. Bei aller Kritik denke ich muss man zugestehen, dass die zwischen all dem ClickBait immer auch mal entsprechende Artikel im Plus-Bereich verstecken. Mehr ist bei deren Aufstellung und Publikum wohl nicht möglich.
- der öffentlich rechtlicher Rundfunk, vertreten z.B. durch Game Two. Eigentlich völlig naheliegend, hier müsste eigentlich dringend was kommen. (Wurde auch bei insertmoin angesprochen)
- The Pod. Ich meine, wenn es in 'schland eine crowdfinanzierte Gaming-Journalismus-Plattform gibt, die nicht in prekären Verhältnissen lebt, dann ja wohl das Peschke/Gebauer Imperium. Und wer ist da 4 von 5 Tagen quasi festangestellt? Ein gewisser D. Schott. Sowas aber auch… Sind das nicht eigentlich die beinahe bestmöglichen Voraussetzungen für investigativen Journalismus? Warum kommt da denn nix? Keine Lust? Oder alles abgelehnt, weil es einfacher ist für’s Biertrinken und ein paar launige Sprüche bezahlt zu werden? (scherz , aber verbunden mit echter Neugierde)
Huch, mit diesem Schlusspunkt hatte ich gar nicht gerechnet als ich losgetippert habe…sieh mal einer an.
Fußnoten (not in order of appearance):
(*) Als ich groß geworden bin war diese Aussage „Journalismus macht die Dinge besser“ irgendwie gefühlt noch allgemeiner Konsens. Selbst wenn man unterschiedliche Presseorgane unterschiedlich bewertet hat. Die Tendenz der letzten Jahre, Journalismus generell für eine schlechte Sache zu halten verblüfft bzw. erschüttert mich daher nicht wenig.
(**) Aufgabe von Journalismus ist es ja lt. Standard-Plattitüde „nicht zu schreiben was die Leute wissen wollen, sondern was sie wissen müssen“.
(***) Hier ging es um investigativen Journalismus und dessen Finanzierung, so habe ich Dom’s Genöle verstanden. Ob man Artikel wie Random oder über Taschenlampen mag und/oder finanzieren möchte ist eine eigene Baustelle. Ich kann @lnhh’s Position da durchaus verstehen. (sag ich als Random-Fan)
P.S.
Ich glaube nicht, dass das die Wurzel der Probleme ist. Es ließ sich viele Jahre mit Journalismus gut Geld verdienen. Und das war auch gut so und hat zu gutem Journalismus geführt. Es ist nicht leicht, aber ich denke da müssen wir wieder hin.
Naja le genannten Länder sind um ein Vielfaches größer als Deutschland und Kanada hat die Hälfte der Einwohnerzahl.
Auf welcher Position kommt denn die Games Branche nach Umsatz oder Mitarbeiter in Deutschland? Laut Game waren es 2020 200 Mio die deutsche Unternehmen beitragen (von 4.5 Mrd) (andere Quelle sei gerne genannt).
Herzogenaurach (Adidas, Nike und Continental) hat 23k Einwohner und beheimatet drei Firmen die jedes Quartal mehr Umsetzen als die gesamte Gamesbranche in Deutschland. Das meine ich mit „quasi nicht gibt“. Ich gebe aber zu, dass es unfair ist ausgerechnet Herzogenaurach zu wählen
Man kann viele Beispiele bringen, z.b. Bauprojekte die mehr kosten. Und klar, es ist auch ein Henne-Ei-Problem das aufgebrochen werden muss.
Gibt es überhaupt einen zweiten Jason Schreier?
Diese Frage illustriert das Problem, wenn immer alles auf dein einen Rockstar reduziert wird. Das kann nützlich sein, wie im Anreißer zu Doms Artikel, aber kann auch die Arbeit so vieler anderer Journalist*innen unsichtbar machen. Langfristig halte ich gut aufgestellte Redaktionen für nachhaltiger als Einzelpersonen.
(Übrigens: Superlevel macht ausschließlich journalistische Texte über Spiele, ist crowdfinanziert und mit 3 Euro im Monat/30 im Jahr so günstig, dass man sich das sogar locker neben den anderen, großen Abos leisten kann #justsaying #schamloseeigenwerbung )
Dieser Beitrag ist für mich ein Zeichen, dass sich nicht mit dem Kapitalismus und der Kritik daran auseinandergesetzt wird. Es geht eben nicht um „Geld verdienen“, sondern um das Profitmotiv als Strukturmerkmal für alle Aspekte des Lebens. Auch in einer anderen Wirtschaftsordnung wird es ein Tauschmittel geben. Darum geht es hier aber nicht. Mit welchem Journalismus lässt sich welches Geld verdienen?
Aber viel merkwürdiger finde ich, dass du auf einen Kommentar antwortest, der die Wahrnehmung des Journalismus als heroisch problematisierst, indem du den Berufsstand weiterhin als heroisch verzerrst? Muss das denn sein? Dass Journalismus an Ansehen verliert, hat doch eben genau damit zu tun, dass Leute einen Mangel feststellen. Das sehe ich prinzipiell erst einmal nicht pauschal negativ, sondern als eine große Möglichkeit eine andere Kommunikationsstruktur aufzubauen, die Informationen klar vermittelt und Zusammenhänge in eine weitere Geschichte einbettet. Der Mangel kann aber oft nicht gefüllt werden, weil die gängigen Erzählweisen, eben kapital-konform, nicht mehr überzeugen können.
Ich finde, wenn man von einer „guten alten Zeit“ dieses Berufsstandes, gerade im Hinblick auf die Bundesrepublik Deutschland, pocht, dann weiß ich nicht, wie ernstzunehmend das ist. Ja, auch nach dem zweiten Weltkrieg. Natürlich gibt es dort großartige Beispiele, aber unser Land würde ich immer noch nicht Demokratie nennen. Dafür habe ich es einfach nicht mit Selbstverherrlichungen. Es ist eben nicht der Fall, dass unsere freie Journalisten zu einem freieren Deutschland geführt haben. Verhindern die nicht gerade, dass das Kriegsgeschrei in einen Kontext eingebettet wird? Oder vermindern sie es? Mindestens so viele schreien lieber mit.
Ich kann einfach diese Glorifizierung nicht nachvollziehen. Es ist toll ein Ideal vor Augen zu haben, aber wo findet es momentan systemisch Realisierung? Die Macht, die Journalisten in unserem Land haben, haben sie bei Weitem nicht fürs Gute genutzt; nur in den wenigsten Ausnahmen.
Und wenn man sich nicht mit dieser Struktur auseinandersetzt, und wie es dazu gekommen ist, dann werden diese Fehler wiederholt. Ganz einfach.
Nachvollziehbare Argumentationsstruktur, nur frage ich mich gerade, wie das aussehen soll? Von daher: kannst du das konkretisieren?
Äh, was? Inwiefern ist es selbstverherrlichend Deutschland eine Demokratie zu nennen? → Ist natürlich extrem Offtopic; kannst du mir auch gern als DM schreiben.
Parlamentarische Demokratie ist für mich die Selbstbeschreibung jener „westlichen“ Nationen, die nicht nur durch ihre vergangene Rolle im Sklavenhandel, Imperialismus, etc., sondern durch ihre aktive Beteiligung am und Verkörperung des Imperialismus und Neo-Kolonialismus jetzt und heute nicht als Demokratien zu bezeichnen sind. Aber auch in ihren eigenen Grenzen halte ich diese Klassifizierung für ungenügend, weil ich den Begriff sehr eng sehe: die Demokratie ist die Herrschaft der Bevölkerung und nicht eines kleinen Teils dieser Bevölkerung, und der Unterdrückung aller anderen Teile.
Aber, um das genau zu untermauert, würde ich an dieser Stelle einfach Domenico Losurdo’s Freiheit als Privileg: Eine Gegengeschichte des Liberalismus empfehlen, was ich für wesentlich halte, um diese Position auch nachvollziehen zu können. Für mich als Kommunist leben wir in einer Diktatur der Bourgeoisie, oder einer Diktatur des Marktes, in dem eine kleine Gruppe an privilegierten Menschen strukturell bevorzugt und die Masse durch verschiedenste Mittel unterdrückt wird.
Und da sehe ich auch den Journalismus nicht als neutrale Institution, sondern als Werkzeug, welches von verschiedenen Klassen benutzt werden kann.
Okay, Danke. Habe ich (glaube/hoffe ich) soweit verstanden und mir erschließt sich auch, worauf du mit deiner Kritik am Journalismus hinaus wolltest.
Das ich da anderer Meinung bin, wird dich nicht überraschen und das auszudiskutieren führt hier auch deutlich zu weit. Trotzdem nochmal danke für deinen Input.
Was mich aber immernoch interessiert (und auch nicht erschließt) ist die von dir beschriebene andere Kommunikationsstruktur. Wie soll die anders aussehen?
Telegram vielleicht
Von einer Redaktion, dessen Chefredakteur (immerhin offen) zugibt: „Mir ist wichtig, dass uns Ubisoft und Bethesda […] vertrauen, weil nur so kriegen wir vor allen anderen wichtige Infos, die wir dann wieder im Sinne unserer User geil aufbereiten können.“ brauche ich echt nichts. Erst recht nichts investigatives.
Im Kern kann ich den meisten Kritiken an der simplen „mehr Geld“ Forderung teilen. Und im Endeffekt hat auch @Regeneherz recht damit, wenn er sagt, dass Kritik an den Verhältnissen immer auch Kapitalismuskritik sein muss. Am Ende landen ja doch wieder alle Artikel bei: das läuft falsch, hier ist ein Skandal, Activision ist böse, Amazon ist böse usw.
Und ganz allgmein gesprochen: eine Branche, wo aus Angst vor dem Verlust von Exklusivstories den Publishern der rote Teppich ausgerollt wird, ist kaputt. Und in solch einem Umfeld sollen jetzt große Enthüllungen stattfinden? Sehe ich nicht. Und schon gar nicht in dem Maße, wie Investigativ-Journalismus sonst funktioniert, nämlich mit einem Team/einer Redaktion, die einen rechtlich und politisch den Rücken freihält.
Das Problem, ob es im deutschsprachigen Raum übrhaupt genug Potential für Investigativrecherchen gibt - vor allem wenn sie eben gleichzeitig auch die herrschenden Verhältnisse hinterfragen - gibt es als Hürde noch obendrauf.
Wow, was ein Artikel, danke für den Link!
Und der hat ja noch ganz andere Dinge über die GS geschrieben, Urks
Da sollte man sich als Journalist oder Magazin eine Zusammenarbeit wirklich stark überlegen!