Es war mir klar, dass mir hier ein eisig-polemischer Gegenwind entgegenschlagen würde. Enttäuschend aber, dass man sich aus purem, fast schon kindlichem Trotz heraus GEGEN seine ursprüngliche und unmittelbare Stimmabgabe wendet und auch der Umstand, dass es einem Spiel negativ angerechnet wird, wenn es jemand mal wagt maßvolles und äußerst bescheidenes Lob auszusprechen, ist bedauernswert. Ich hätte hier einfach die verbleibenden sieben Tage aussitzen sollen, jetzt bringe ich wohlmöglich noch den verdienten Gürtelsieg in Gefahr. Aber so sind Last Game Standing und der Gürtel nur mal – und es wäre schade, wenn LGS, Wasted oder der Gürtel einen langsamen Tod sterben würden, weil hier nur noch abgestimmt, aber überhaupt nicht mehr diskutiert wird!
Aber zum Punkt: Die einzigen, die hier die „Nostalgiekeule“ schwingen seid Ihr, @Lipardus und @Simon. Wer nämlich Indiana Jones bloß auf seine „Nostalgie“ oder eine „IP“ reduziert, der ist entweder ein leidenschaftsloser Systemgamer oder einfach ein sauertöpfischer Naseweis.
„Nostalgie“ – glücklicherweise hat keiner das Wort „Fanservice“ in den Raum geworfen, also tue ich das mal – das waren so mittelmäßige Spiele wie die „Back to the Future“-Teile von Telltale, das war dieses völlig verkorkste „Rambospiel“ oder „Asterix“ und dieses alberne „Bud Spencer“- Beat ’em up. Vielleicht noch das Robocopspiel (obwohl ich dem nicht mal echte Leidenschaft absprechen würde – ganz im Gegenteil – die hatten einfach nicht genug Kohle). Euer „Nostalgiepferd“ hat aber im Besonderen „Star Wars: Battlefront“ geritten: was haben Electronic Arts und DICE nicht die Werbetrommel gerührt und von ihrer ausgiebigen “Exklusivrecherche“ auf der längst zum Klischee verkommenen Skywalker Ranch geschwärmt. Jede noch so doofe Blaupause von einem Lichtschwert oder Chewbaccas Körperbehaarung wurde als aus der lucasfilmschen Asservatenkammer gekramt und als Beweisführung für die Liebe zum „Franchise“ vorgeführt. DAS war vorgegaukelter „Nostalgie-Porno“ und HIER wurde einem stinknormalen – vielleicht etwas seichteren – Battlefieldgeballer lieblos eine Star Wars-Fassade übergestülpt.
Der Star Wars-Vergleich eignet sich aber gut – ich kann mich eigentlich auch an kein Star Wars-Spiel seit X-Wing und Tie Fighter erinnern, dem sowohl Kritiker- und Fanliebe entgegenschlug (Rollenspielliebhaber haben allerdings immer die Knights of the Old Republic-Teile gewürdigt).
All das verhält sich bei Indiana Jones vollkommen anders. Hier war es lange so verdächtig still, dass große Teile der Presse eine große Enttäuschung witterten. Keine große Werbetrommel, keine große Vorberichterstattung und im Gegensatz zu allen EA- und Star Wars-Spielen: nicht eine einzige Bushaltestelle mit einem Indiana Jones-Plakat. Bei Indiana Jones lese und höre ich fast ausnahmslos die Begeisterung heraus. Selbst die Kulturkritik hielt sich bisher auffällig zurück.
Ja natürlich, aber das ist ja keine große Erkenntnis – es geht um Kontext, ja Gott sei Dank vor ALLEM und immer um Kontext und Inhalt: wenn EA die Fußballersprites in FIFA mit Rhönradturnern ersetzt und sie statt in, meinetwegen, Anfield oder dem Bernabeu in eine muffige Turnhalle in Delmenhorst oder Villingen-Schwenningen versetzt, würde das die Aufmerksamkeit mit großer Wahrscheinlichkeit verringern. Und wenn ich Harrison Ford mit diesem Vin Diesel, und die 30er-Jahre mit einem staubigen Gefängnisplaneten in ferner Zukunft ersetze, spreche ich ein anderes Publikum an.
Ein Spiel ist – wie ein Buch, ein Musikstück, ein Film – niemals bloß die Summe seiner Einzelteile, sondern viel, viel mehr!
Und wer von „IPs“ (ich weiß bis heute nicht, was diese unsägliche Abkürzung genau bedeutet und werde bis an mein Lebensende in glücklicher Ignoranz leben), „KI“ und „Gaming Performance“ spricht, der kennt keine Leidenschaft mehr, der hat Sein Herz längst an den schnöden Mammon veräußert und sieht Spiele als „Produkte“ oder eine „Franchise“. Der bricht auch gerne ein Spiel in bloße „Spielmechanik“ und „Gameplay“ herunter. Ja, der nimmt gerne Unworte wie „grafische Asset-Generierung“ in den Mund, statt künstlerische Schaffenskraft anzuerkennen. Der spielt längst nicht mehr, sondern „gamt“ nur noch leidenschaftslos seine Systeme herunter und freut sich über kontextlose Schiebepuzzlerätsel ihrer selbst willen. Der ist leidenschaftsloser Systemgamer.
Nichts von dem liegt mir ferner und daher lasse ich mich auch gerne einen Romantiker schimpfen. Wenn ich nämlich „Gameplay“ oder „Spielmechanik“ will, dann spiele ich Malefiz, aber ganz bestimmt kein Computerspiel!