mich würde eure Meinung zu dem Thema interessieren. Sicher habt ihr mitbekommen, dass sog. Warnhinweise vor z.B. alten Otto Waalkes Sendungen ausgestrahlt werden.
Ich selbst war gestern mit meinen Kindern im Kino und habe den Pumuckl Kinofilm (1988) ohne einen Warnhinweis gesehen und musste zwischendurch wirklich innehalten, weil das gezeigte sehr aus der Zeit gefallen wirkte. Auch auf der Heimfahrt hatten die Kinder einige Fragen . Alles an sich harmlos, aber interessant, wie es durch Kinderaugen gespiegelt wird.
Ich tue mir mit dem Thema in der Beurteilung sehr schwer, weil es mich persönlich nicht groß stört, kann die Gegner und Befürworter aber durchaus nachvollziehen. Ich finde zwar die Diskussion sehr stark ideologisch aufgeladen (wie alles aktuell), aber gesellschaftlich schon wichtig. Wie steht ihr also dazu? Und sollte es ggf. solche Hinweise/Disclaimer auch bei Videospielen geben?
Persönlich störe ich mich grob nur an dem Wort Warnhinweis als solches. Das als „Warnung“, wie bei einem radioaktiven Inhalt zu versehen, finde ich völlig irreführend. Ich würde es eher eine Anmerkung im kulturellen, historischen Kontext sehen. Naja, vielleicht auch Wortklauberei.
von welchen warnhinweisen redest du? ich habe keine Kinder und habe deswegen keine Ahnung wovon du redest.
Aber prinzpiell bin ich der Meinung, dass jedem klar sein sollte dass Filme würde ich sagen, dass es jedem klar sein sollte wer ein Film von 1988 ansieht, dass es Dinge gibt die schlecht gealtert sind.
Sowas sollte man Kindern auch generell glaube ich schnell beibringen.
Bin wohl doch schon so alt, dass mir dergleichen vom Gefühl her eher fremd ist. Allerdings kann das erstens durchaus meiner Ignoranz geschuldet sein und zweitens ist es ja wohl null Problem solche Hinweise zu überspringen/ignorieren. Das Pack, das dagegen lautstark und weinerlich zu Felde zieht kann mir echt gestohlen bleiben.
So ist es. Sich wegen 10 Sekunden im Intro aufzuregen ist halt sowas von unnötig.
@Simon achso, das finde ich okay. Ich würde ja soweit gehen, dass in Streamingangebote entsprehcende Passagen markiert sind und sich erklären lässt wieso das nicht iO ist.
Das (sachliche) Argument der Gegner ist ja, dass man den Zuschauer nicht bevormunden darf hinsichtlich der Einordnung der Beiträge und wenn überhaupt im Anschluss an das Programm den Hinweis zeigen darf, quasi zum Abspann.
Finde es eine gute Sache (die Hinweise und ja ich sehe deinen Einwand bei „Warnung“ genauso), halte es vor allem für den besseren Weg als Dinge verschwinden zu lassen. Es ist in vielen Fällen, es gibt Ausnahmen, auch ein Stück Kulturgeschichte und die sollte abrufbar und erlebbar bleiben.
Da sich aber Zeiten und Gepflogenheiten zum Glück ändern, finde ich eine Einordnung schon gut.
Gerne mit weiterführenden Links zu Erklärungen falls Zuschauer:innen es vertiefen möchten, auch oder gerade mit Kindern.
Menschen die sich von so etwas schon auf den Schlips getreten fühlen sind auch der Meinung „man dürfe ja nix mehr sagen“, bloß weil wir uns langsam endlich darauf einigen Bevölkerungsgruppen nicht beiläufig mit Schimpfworten zu belegen.
Braucht es denn dafür einen Hinweis? Man hat das Gefühl, dass der ÖR da die Zuschauer entmündigt, diese Entscheidung selbst zu treffen. Müsste dann nicht kategorisch vor jedem Film ein Hinweis kommen? Wer trifft die Entscheidung, dass der Hinweis erforderlich ist? Man könnte unterstellen, dass der ÖR auf diese Weise gesellschaftliche Normen und Werte vordiktiert, weil ja der ÖR persönlich entscheidet, was er mit einem Hinweis versieht.
Um mich kurz zu wiederholen. Mich stören diese Hinweise nicht. Ich hab damit null Schwierigkeiten. Ich kann aber diese beiden Seiten der Medaille irgendwo verstehen. Insgesamt finde ich es sehr schwierig innerhalb der Gesellschaft einen echten Konsens bei der „political Correctness“ zu finden. Ich sitze da irgendwie immer zwischen den Stühlen.
Genau das Gegenteil.
Anstatt einen Film nicht zu zeigen ermündigt er die Menschen zu überlegen ob sie beim schauen eines Films, lesen eines Buches etc. über verschiedene Dinge hinwegsehen können/wollen, mit dem Wissen warum sie vorkommen, oder schalten sie lieber ab.
Entmündigung wäre für mich wenn für Zuschauer:innen entschieden wird das der Film garnicht gezeigt wird.
Und ich finde, egal wie wichtig man es findet:
Es ist definitiv leichter, angenehmer so einen Hinweis zu überlesen, als als betroffene Person mit N-Worten oder homophoben Gags/Beleidigungen konfrontiert zu werden.
Wenn man die beiden Möglichkeiten „Zensur“ und „Hinweis“ gegenüberstellt, hast du recht. Die Frage zielt ja eher auf das Szenario „Hinweis“ kontra „kein Hinweis“. Also ob man es in diesem Vergleich einer aufgeklärten Gesellschaft nicht zumuten kann, das selbst zu erkennen, oder ob ein Hinweis zwingend erforderlich ist, um den Denprozess bereits bevor man es ansieht, aufdiktiert.
Otto hat ja weder das N-Wort verwendet, noch homophobe Witze gemacht. Da ging es wohl (ist leider nicht genau durch den WDR gesagt worden) um pauschale Abwertungen von z.B. Frauen (Blondinen) und Ostfriesen.
Insgesamt scheint es ein schmaler Grat zu sein, weil es um wechselnde Moralvorstellungen in der Gesellschaft geht und auch um Kontext. Während das N-Wort in Django Unchained wichtiger Bestandteil der kulturellen Darstellung ist, ist es im Alltag eine Beleidigung. Im Hip Hop wird es schon fast inflationär verwendet.
Ich frage mich, wie „wir“ als Gesellschaft da einen flexiblen Konsens finden können/wollen. Denn abseits von gefestigten Werten (keine Homophobie, kein Judenhass etc.) geht es ja oft um den Rezipienten, der sich angegriffen fühlt. Fühlen sich Blondinen von heute durch Otto Waalkes Scherze herabgewürdigt? Vielleicht, aber müss es deshalb einen Hinweis geben?
Wie sieht es mit Witzen über Behinderte aus? Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass insbesondere die Behinderten selbst, die derbsten Witze kennen
Wenn ich mir heute eine Show von Ricky Garveis ansehe oder von Jimmy Carr, die das Thema political Correctness auch stark ind en Focus nehmen, dann fühle ich mich da manchmal ertappt, wie meine persönliche (über)Tolleranz bestimmte Grenzen setzt. Das ist völlig wertefrei - so bin ich als Individuum. Aber muss dann wegen meiner Wahrnehnung ein (Warn)Hinweis ergehen für alle anderen?
Aufgepasst, das ist das Zitat mit dem deutlich wird, dass man keine Argumente hat
Ich finde diese Kommentierungen gut, da sie dafür sorgen, dass man Kunst wieder Konsumieren darf.
Aus der künstlerischen Sicht sind diese Einordnungen von Werken mehr als unwünschenswert, da diese direkt in eine Ecke geschoben werden und Gefühle und Meinungen von Rezipienten, sollten sie nicht dem entsprechen, abgeurteilt werden.
Nochmal: ich finde diese Kommentare gut, da sie scheinbar einen Konsens unter den Linken herstellen, als Künstler will ich aber alles dürfen und meine Kunst nicht beschränken müssen.
Und abschließend sag ich noch was hier in dem Forum schon einige Male gefallen ist:
Niemand ist so intollerant wie Linke
Ist das ein rein „linkes“ Phänomen. Mir kommt der ÖR eher konservativ vor. Würde mich grundsätzlich mal interessieren, wie das innerhalb des ÖR gefunden wird. @christianschiffer hast du da heiße Infos
Mich haben meine Kinder neulich bei den Nationalhymnen gefragt: „Was die da singen“. Und ich hab das dann erklärt und auch erklärt, dass das bei anderen Nationen eben andere Hymnen sind. Ein Glück haben die Franzosen nicht gespielt… Die Marseillaise zu erklären, ist nicht so ganz einfach Ob es da einen Warnhinweis braucht…
Die gleichen Personen die sich über diese Warnhinweise aufregen, ja aufregen und sich nicht vielleicht etwas darüber ärgern oder es doof finden, die drehen auch bei einem harmlosen Lied durch und würden daraufhin am liebsten mit Mistgabeln und Fackeln zum WDR marschieren.
Solche Leute ignoriere ich einfach, bzw. kann ich wirklich nicht ernst nehmen.
Ich meine mich zu erinnern, dass das ZDF auch gegründet wurde, weil manchen „die ARD“ nicht konservativ genug war.
Aber hier liegt doch die wesentliche Gefahr durch eine zu inflationäre Nutzung von Disclaimern: Es wird dir als Konsument in gewisser Weise mehr Verantwortung abgenommen kritisch über das nachfolgende Werk selber nachzudenken, statt dich im Anschluss damit auseinanderzusetzen. Wie eine Art Freifahrtsschein. Ich hab da jetzt auch keine absolute Meinung zu, gerade wenn es um Gewalt oder anderweitig verstörende Dinge geht, finde ich entsprechende Hinweise wichtig. Aber darüber hinaus würde ich schon dazu tendieren diese Debatten nicht vorzulagern, sondern innerhalb der Gesellschaft auszuhandeln, also irgendwo zwischen (betroffenen) Minderheiten und Mehrheitsgesellschaft.
Da sprichst du ja teilweise auch von Triggerwarnungen. Die sind ja nochmal anders gelagert und wobei ich deren Sinn schon verstehe und auch anerkenne nerven die mich, da ich (wie bei einem Spiel letztens geschehen) nach einer Warnung zu zB Suizid die ganze Zeit auf den Plotttwist warte und quasi aus Vorsicht gespoilert werde.
Ich bringe das auch immer wieder durcheinander. Wenn Triggerwarnungen aber spoilern, ist das ziemlicher Mist…
Die ganze Debatte (also nicht die im Forum sondern insgesamt) erinnert mich sehr stark an die Handspiel Regel im Fussball. Irgendwie will man es besonders richtig machen und merkt dabei, dass man kolossal scheitert. Und je mehr man differnziert und anpasst, umso mehr entfernt man sich vom ursprünglichen Ziel. Am Ende ist irgendwie keiner zufrieden und eine gute Lösung scheint Lichtjahre entfernt.
Persönlich würde ich mir vom Gefühl her wünschen, dass diese Disclaimer nicht nötig wären. Sachlich sehe ich, dass es - gerade bei einer großen Sendeanstalt - so aber auch nicht geht. Ein schwieriger Drahtseilakt.
Ein weiteres Beispiel:
Vor „Disneys großer Pause“ gibt es bei einigen Folgen einen Disclaimer. Als ich Ihn das erste mal sah, war ich ziemlich irritiert. Als ich dann die Folge aufmerksam schaute, fiel es mir wirklich schwer nachzuvollziehen, wovor da gerade in der Kinderserie gewarnt wurde (Es war die Darstellung der Indigenen Bevölkerung, weil ein Kind zu Halloween einen Federschmuck trug). Ist das der richtige Weg?
Bin da im Grunde bei euch, ist halt irgendwie zu differenzieren wann es transgressive Kunst ist und wann zB ein Disney Film mit rassisistischen Stereotypen. Die sind ja dann doch der Zeit geschuldet und kaum einer künstlerischen Vision.
Aber was machst du oder die Allgemeinheit denn damit diesen Hinweisen bei Disney? Führt sowas wirklich zu einem neuen Bewusstsein? Irgendwie bezweifle ich das. Und im Punkto Disney ist es am Ende eher wieder so vorgeschobene Awereness, die einen kritischen Umgang mit den eigenen Inhalten durch Oberflächlichkeiten ersetzt oder zumindest halt bei diesen bleibt.