Ich finde nicht, dass man von einem Werk Rückschlüsse auf den Autor ziehen sollte, wenn dieser sich nicht auch außerhalb seiner literarischen Welt entsprechend geäußert hat, insbesondere wenn es sich um eine Fantasywelt handelt. Ich denke, man kann eine gute Parallele zu der Scheibenwelt ziehen. Deren Autor Terry Pratchett war nie irgendwie problematischen Ansichten verdächtig, aber auch auf der Scheibenwelt finden Sklaven die Sklaverei gar nicht so schlecht. Solange JK Rowling sich nicht selbst dazu äußert, ist es meiner Ansicht nach unzulässig, aus ihren Büchern auf ihre Ansichten zu schließen. Es kann ja auch ein literarisches Stilmittel sein, sich einer (zugegeben problematischen) Karikatur zu bedienen.
Das mit der Transphobie akzeptiere ich (das habt ihr ja auch schön herausgearbeitet), aber für Antisemitismus und Befürwortung von Sklavenhaltung fehlen die Belege aus der Real-World, ich denke, das wird überinterpretiert.
Die Darstellung der Goblins gleicht den antisemitischen Karikaturen der NS-Zeit und greift die gleichen antisemitischen Narrative auf (Hakennase, Geldgierig, kontrollieren die Banken). Das wird schon sehr lang kritisch besprochen, weil es in den Büchern und Filmen sehr deutlich ist. Hier ein zusammenfassender Beitrag: https://www.forbes.com/sites/danidiplacido/2022/01/05/the-harry-potter-anti-semitism-controversy-explained/amp/
Es ist sicher keine Absicht, aber genau diese Aussage habe ich nicht getroffen. Hier geht es nicht um Rowlings Ansichten (die kenne ich in diesem Fall nicht), sondern allein um die Aussagen, die das Werk macht. Und die sind halt in Bezug auf das Thema Sklaverei weder klug noch geil.
Du musst Zeit mitbringen, aber ich empfehle dir dazu dieses Video von Shaun. Er arbeitet auch genau deinen Vergleich zu Terry Pratchett aus und analysiert scharf heraus, warum es dort funktioniert und bei Rowling eine Katastrophe ist: Harry Potter - YouTube
Mit Abstand die Wasted-Podcastfolge, die mir bisher am besten gefallen hat. Danke, dass ihr das Thema aufgreift und vor allem, dass ihr euch offensichtlich auch im Vorhinein ausführlich damit auseinander gesetzt habt. Ein Teil der bisherigen Kommentare zeigt sehr deutlich (keine Kritik, bitte nicht persönlich nehmen!), dass diesbezüglich noch sehr viel Aufklärungsbedarf besteht. Wem z. B. die eindeutigen antisemitischen Klischees bei der Goblin-Darstellung nicht auffallen, dem ist kein Vorwurf zu machen, sondern vielmehr der/dem entsprechenden Geschichtslehrer*in. (come on, auf dem Boden von Gringotts im Film ist ganz eindeutig ein David-Stern. Die Todesser in den späteren Filmen tragen Nazi-inspired Uniformen und die Hakennasen-/, Geldgier-Narrative ist älter als das Christentum. Kaum zu glauben, dass da niemand in der Filmproduktion eingegriffen hat…) Genau das gleiche gilt für die Hauselfengeschichte: „oh, schau mal, es geht ihr total elend. Sie war doch viel glücklicher als sie noch versklavt war“ ist traurigerweise so nah an der Realität der Südstaaten nach dem civil war, dass es weh tut. Auf die TERF- (= trans exclusionary radical FASCIST) Narrative der Autorin will ich gar nicht mehr eingehen, da krieg ich sonst nen Schlaganfall. Again: Danke fürs ausführliche Besprechen! Ein Grund für mich, hier weiterhin zu abonnieren. Schönen Sonntag noch
Also ich kann mir vorstellen, dass der Antisemitismus in HP unabsichtlich geschehen ist. Es ist ja kein Davidstern bei der Bank, sondern nur eine Silhouette eines Sternes, wie man ihn öfters irgendwo sehen kann. ich gehe mal allgemein davon aus, dass die Beschreibung der Goblins einfach eine Prägung ist, wie man sich so eine gierige Person eben vorstellt und nicht, dass Rowling meint „Geil, ich baue jetzt noch Judenhass ein“. Das ist natürlich blöd, weil die parallelen leider sehr stark sind, aber ich würde jetzt keinen Vorsatz sehen, zumal die Goblins in den Filmen jetzt nicht die meist-gehassten Kreaturen sind.
Todesser sind Nazis. Sie wollen die Reinheit der Magierrasse und halten sich für die die beste. Die Parallele zu den Nazis ist auch sicher so gewollt, aber wo tragen die denn bitte Uniformen? das sind stets einfach in schwarze Roben und keine Nazi Uniformen.
Bei den Hauselfen musste ich übrigens als Kind an Hunde („eager to please“) denken.
Allerdings hat sich Rowling damals entschieden gegen BDS positioniert. Gerade in GB keine Selbstverständlichkeit.
Und auch damals zeigte sich, dass sich in Harry Potter so einiges hineinlesen lässt, wenn man es denn unbedingt möchte.
Also wenn es unabsichtlich geschehen ist, dann macht es das absolut nicht besser. Glaubst du, wenn du als jüdische Person einen der Filme schaust und dich daran erinnert fühlst, wie du von Faschisten karikaturisierst wirst, sagst du dir „ach, das war ja sicher nicht so gemeint. Passt schon.“? Mit Sicherheit nicht. Als riesen Filmproduktionsfirma hat man soziale Verantwortung und zeigt das im Zweifel einem Testpublikum, um sowas zu verhindern. Sowas „rutscht nicht einfach durch“, wenn es nicht so gewollt ist. Zu den Uniformen: Evtl. sind das keine Todesser, sondern irgendwelche anderen „bösen“. In dem Film, wo Dumbledore und Voldemort sich am Ende im Zauberei-Ministerium duellieren, da haben die „Angestellten“ Uniformen an, die eindeutig SS/SA-Uniformen nachempfunden sind. Ich werd mir den Schund mit Sicherheit nicht nochmal anschauen und auch keine Bilder raussuchen, weil das Leute triggern könnte. Die Ähnlichkeit ist frappierend.
Ich kenne die Abkürzung nur so, dass das F für Feminist steht (was auch der erste Google Treffer ist) - daher meine Frage ob Versehen deinerseits oder Bildungslücke meinerseits?
Zum Rest kann ich nichts sagen bzw. nicht mitreden, da ich mit HP noch was am Hut (ha!) hatte. Aber der Diskussion hier zu folgen ist trotzdem interessant, danke dafür.
Nein, aber sie hat sich das halt ausgedacht und dabei auf Bilder zurückgegriffen, die sie in ihrem Kopf hatte. Und da darf man dann schon die Frage stellen, wie bewusst da zu welchen Bildern gegriffen wird und wie weit dann im Falle von Kritik die eigene Vorstellungswelt reflektiert wird. Und da passiert ja offenbar nicht ganz so viel. Und weil grade in der Fantasy in den allermeisten Fällen viel weniger Fantasie und originelle Bildersprachen stecken als man vielleicht so denken würde, ist es auch nicht möglich, den Autor von seinem Werk zu trennen. Und selbst wenn kreative Assoziationsketten nicht direkt in rechtsradikale oder rassistische Diskurse verweisen, möglicherweise aber indirekt, und der Eindruck der Verwandschaft von Darstellungen aufkommt, darf sich jede/r Kreative auch mal Gedanken machen, wo diese Bilder eigentlich herkommen. Einfach nur zu sagen, „nö, ich hab dabei nicht an Juden gedacht, geh weider“, lass ich indonesischen Kunstkollektiven nicht durchgehen und auch Leuten wie Rowling nicht.
Klar, das war ein Witz bzw. eine Provokation. In der lgbtqia* community ist das ein running gag. Natürlich steht das F theoretisch für Feminismus. Es stellt sich aus dieser Perspektive aber die für mich berechtigte Frage, ob jemand sich selbst als Feminist*in bezeichnen darf, die/der aktiv nur für die Rechte ausgewählter Frauen kämpft. (ähnliches gilt für Gruppierungen, die explizit „nur“ für LGB-Rechte einstehen und nicht für alle Mitglieder der queeren Community.) sorry für die Verwirrung.
Danke Bonito. Du hast es auf den Punkt gebracht
Ah, siehste, das wusste ich nicht. Danke fürs erklären
Für mich ist die Frage nach Intension bei der Interpretation von Kunst- und Kulturgütern doch relativ zweitrangig, einfach weil wir sie meist eh nicht kennen und selbst wenn wir sie kennen sie einen tieferen Blick nicht versperren sollte. Gibt ja viele beispiele, bei denen mittelmäßige Autorinnen, Regisseurinnen etc. weit über ihr Potential hinausgewachsen sind und etwas produziert haben, was sie am Ende selber nicht mal verstehen (und andersherum). Kunst muss in meinen Augen für sich allein stehen können und aussich heraus bewertet werden. Bei Rowling ist ja eher das Problem, dass sie mit Spielen wie HL aktiv Geld verdient und durch die andauernde Aufmerksamkeit weiter ihre Schumtzthesen verbreiten kann.
Kann mir das bitte nochmal wer erklären warum jetzt die Darstellung von „SA/SS- Ähnlichen“ Uniformen ein no Go ist?
Das hab ich bisher noch nie gehört.
Weil Nazi-Propaganda!!1!einelf!
Was Harry Potter noch ist:
- reaktionäre Einflussnahme auf den Schulunterricht durch die Verherrlichung von gewaltätigem Frontalunterricht
- Aufruf zum Mobben von nicht instagramablen Menschen (Fatshaming, siehe Podcast)
- Werbefilm gegen das Konzept der Adoption, da nur biologische Eltern, gute Eltern sind
Bisher dachte ich immer, das ist ein Fantasy-Universum mit etwas problematischen Darstellungen und einer etwas seltsamen Autorin. Jetzt habe ich den Eindruck, die Buch- und Film-Reihe ist Teil der QAnon-Propagandaschlacht.
Dieses Potter Zeug ist die reinste Büchse der Pandora
Ein Thema das bei der ganzen Potter-Diskussion iwie total untergeht ist, dass dieses ganze Harry Potter Zeug einfach nur maximal bekloppt ist.
Alter, 90% der Probleme da lassen sich mit nem schnellen Telefonanruf klären, (Aber nee, schick besser ne Eule anstatt ne WhatsApp. Dauert ja nur 1000 mal länger.)
die restlichen 10% mit dem Einsatz von ner Knarre (anstatt Abrakadabra Quark dreimal Peng Peng, schon ist Voldemort Geschichte).
Gut, wenn man unter 16 ist ist das sicherlich noch ganz dufte, aber wenn Mittdreißiger ernsthaft darüber sinnieren, welchem shitty „Haus“ sie wohl angehören, dann ist das nur noch maximal cringe!!1!
Von daher: Boykott ja bitte!
Kleine Anekdote am Rande: habe mal in einer religiösen Buchhandlung gearbeitet. Und da gab es Kund:innen, die nicht wollten, dass wir Harry Potter verkaufen, weil darin gezaubert wird.
Wir sehen: die Gründe, Harry Potter verschwinden zu lassen zu wollen, sind sehr vielfältig.
Und btw: der Magierkampf zwischen Voldemort und Dumbledore im Ministerium/in der Bank (keine Ahnung …), ist bis heute immer noch das geilste Magierduell, das ich gesehen habe. Und das OBWOHL ES EINEN FUCKING FILM GIBT, DER SO HEISST!
Es geht natürlich nicht darum, dass die Darstellung solcher Uniformen generell falsch ist, vor allem nicht im historischen Kontext. Es ist nur ein weiterer Anhaltspunkt dafür, wie plump sich vor allem die Filme dieser „Nazis unterdrücken Juden“ Symbolik bedienen. Wenn ich mich recht erinnere, gibt es dann sogar so eine Statue, wo Zauberer auf den anderen magischen Kreaturen („Rassen“) drauf stehen, um den Gedanken noch mal zu unterstreichen. Mir ist bewusst, dass solche Darstellungen für die meisten Menschen kein Problem darstellen (schlimm genug…). Es gibt aber auch Leute, deren Vorfahren in Konzentrationslagern ausgelöscht wurden und die daher nicht beim Anschauen von Kinderfilmen an die Massenvernichtung ihrer Großeltern erinnert werden möchten. Bitte etwas Empathie. Dankeschön
Sry aber das ist schon wieder ziemlich drüber. Irgendwer wird immer Gefahr laufen von irgendwas in Film & Fernsehen negativ erinnert zu werden. Da hält sich meine Empathie dann auch in Grenzen.
Also ich habe vorhin einfach Mal die Bildersuche zu Goblin angeworfen und gefühlt 80% der Goblins werden so ähnlich dargestellt wie in HP.
Sind jetzt alle Goblin Darstellung Antisemitisch oder sind Goblins schon immer an Nazi Karikaturen angelegt (oder Nazi Karikaturen an Goblins)?
Nun, zumindest haben jüdische Gruppen in GB Rowling in Schutz genommen, darunter auch der von mir sehr geschätzte David Baddiel. Es wäre schön gewesen, Rowling hätte sich dazu geäußert, aber ich denke, dass ihr konkretes Engangement gegen Antisemitismus im Allgemeinen und BDS im Besonderen sehr viel mehr gewichtet werden sollte. Wenn alle Künstler sich hier so deutlich positionieren würden, wären wir schon weiter. Vor allem die Positionierung gegen BDS rechne ich ihr hoch an, denn in GB ist die Bewegung nochmal populärer als hier und der Druck auf Künstlerinnen und Künstler größer.