Eigentlich sind mir Oscar-Verleihungen egal, seit Bill Murray nicht den Titel Bester Hauptdarsteller für Lost in Translation bekommen hat. Aber diesmal gab’s ja wenigstens einen Aufreger:
In der Süddeutschen gab’s heute einen überwiegend schönen Artikel dazu (sorry, paywall) der mich zum Nachdenken in Sachen „wie war das jetzt zu bewerten“ anregte. Da ich gelernt habe, dass man Selbst Denken auch gut an die Wasted Community outsourcen kann, hier 7 mögliche Meinungen zur Abstimmung:
Will Smith ohrfeigt Chris Rock: doof oder gut?
Das war doof. Gewalt geht gar nicht.
Das war doof. Aber: Chris Rock ist der Held. Der Mann, der nicht zurückgeschlagen hat
Das war doof. Jada Pinkett Smith hätte Chris Rock selbst eine ballern sollen.
Das war doof. Aber aus anderen als den obigen Punkten. Fühlt sich irgendwie falsch an.
Das war gut. Nicht weil Gewalt gut ist. Sondern weil „Erst eine scheuern. Dann ist die Sache geklärt und man kann gemeinsam ein Bier trinken“ eine vernünftige Konfliktstrategie ist. (s.u.)
Das war leider gut. Als Mann die Frau verteidigen ist zwar altmodisch patriarchalisch, aber irgendwie auch sexy (Prinzip „Türe aufhalten“)
Das war gut. Aus anderen als den obigen beiden Punkten. Fühlt sich irgendwie richtig an.
0Teilnehmende
Variante 5 stammt aus einem erinnerten Text vom Katrin Bauerfeind.
Da sagt sie, dass sie Jungs früher beneidet hat um diese „erst prügeln, dann ist die Luft rein und man(n) kann gemeinsam ein Bier trinken gehen“-Nummer. Das sei besser als das mädchenhafte-Vorgehen stattdessen, Sachen in sich reinzufressen und langhanhaltenen Groll zu erzeugen.
Finde die Idee ganz interessant. Ihr Buch „Hinten sind Rezepte drin“, Kapitel „Are you ready to rumble.“ hat ein ähnliches Thema. Insgesamt ein sehr empfehlenswert lustiges Kapitel: Ich persönlich bin kein unbedingter Freund von Gewalt, finde aber auch nicht das man immer alles ausdiskutieren muss. Eine gezielt geworfene Kaffeetasse ist mitunter ein besseres Argument als ein Argument
Naja, wenn man nicht mannsgenug ist, den Prügelteil zu überspringen und sich gerne auch ab und an Lederhosenfilme reinzieht, geht wahrscheinlich auch Variante 5, 6 oder 7…
Ich fand diese sehr, sehr öffentliche Aktion übrigens auch deshalb richtig doof, weil ich meinen Kindern die ganze Zeit zu erklären versuche, dass Gewalt (abgesehen von klären Notwehrhandlungen) kein akzeptabler Problemlösungsansatz ist. Und dann sehen sie sowas in den Nachrichten.
Noch schlimmer ist, dass das Ganze für W. Smith - jedenfalls nicht unmittelbar - nachteilige Konsequenzen hatte. Im Gegenteil: Er wurde später sogar noch mit einem Oscar „belohnt“.
Das wäre ja so, als würde ich meinen Kindern, wenn mal wieder der Watschenbaum zwischen ihnen umgefallen ist, auch noch ein extra großes Legoset schenken (das ich wegen einer anderen belohnenswerten Leistung besorgt habe), anstatt - natürlich sozialadäquate - Disziplinarmaßnahmen zu ergreifen.
Übrigens, jedenfalls für meine Kinder (zwischen 5 und 10 Jahren) macht es interessanter schon einen großen Unterschied, in welchem Kontext sie Gewalt „erleben“. Gewaltdarstellungen in Filmen oder Computerspielen lassen sie meistens ziemlich kalt, sie hinterfragen das auch nicht. Aber wenn in den (Kinder)Nachrichten von Gewalt (aktuell natürlich beispielsweise der Krieg in der Ukraine, aber eben auch der Ohrfeigen-Skandal) berichtet wird, beschäftigt sie das schon sehr.
Das war doof weil Gewalt nach (egal wie schlechten) Witzen einfach nicht klar geht, weil der Witz jetzt auch nicht der schlimmste Witz der Welt war (ja es war persönlich und sie hat eine Erkrankung, aber das kann man runterschlucken) und es war doof weil so ein als Beschützergebahren getarnter Besitzanspruch (EDIT: Bevormundung war das Wort das mir hier nicht direkt einfiel) einfach mittelalterlich ist.
Ich glaube er hat auch so reagiert weil er halt laut gelacht hat, aber dann den Ausdruck seiner Frau gesehen hat und dann überkompensieren musste.
Die erste Option habe ich nicht gewählt weil generelle Ablehnung von Gewalt in meinen Augen sehr naiv ist. Es gibt Situationen (tatsächliche Angriffe auf andere Menschen die es zu verhindern gilt, rassistische und sexuelle Übergriffe) und Menschen (Nazis etc.) da ist Gewalt meiner Meinung nach ein probates Mittel. Nicht wünschenswert aber angebracht.
Manches lässt sich nicht ausdiskutieren.
Als ich aufgewacht bin und eine Eilmeldung von der NYT dazu auf meinem Telefon hatte, hab ich mich nur gefragt „why should I care“. Darum meine ernstgemeinte Frage an euch, warum interessiert euch das? Also so abseits von „meine Kinder haben das gesehen und ich muss angemessen damit umgehen“, das finde ich durchaus nachvollziehbar.
Wobei ich den Absatz über die Williams Schwestern und die Aussage von Campion für absolut dumm halte.
Campion hatte zu den Williams-Sisters gesagt: »Venus and Serena, you’re such marvels. However, you don’t play against the guys, like I have to.«
Gemeint war natürlich Damentennis, und es handelt sich um eine sachlich zutreffende Feststellung. Sagen darf man das in der augenblicklichen Situation trotzdem nicht. Der Shitstorm schlug hohe Wellen, Campion hatte sich zu entschuldigen, doch auch ein öffentlicher Kotau vor dem virtuellen Mob konnte sie nicht mehr retten.
Denn hier zählt nur die Frage: Wer ist das größere Opfer? Eine Frau oder Schwarze. Gegen eine schwarze Frau hat man da als weiße keine Chance.
Es geht nämlich, auch wenn das zum Teil Anklang fand nicht (nur) darum das es aufgrund von Rassismus eine beanstandenswerte Aussage war, sondern auch eine von Frau zu Frau falsche Aussage. Genau wie Campion die damit ja wohl darauf anspielte das sie eben mit Männern um Aufmerksamkeit, Geld und Anerkennung konkurrieren müssen - so müssen das Serena und Venus auch sobald sie den Platz verlassen bzw. auch darauf.
But hey, that doesn’t even begin to cover the degree to which the Williams sisters have competed against men. Their entire lives they’ve had to compete against boys and men:
to get court time as kids
to get coaching as kids
to get sponsorships for equipment, travel, entry fees, shoes…
Im Grund sind das nahezu die gleichen struggles auf beiden Seiten, insofern war es KEINE „treffende Bestellung“. Für die Schelte nach dieser Aussage nur die Identitäspolitik anzuklagen halte ich für falsch und folgt auch eher einer Agenda meiner Meinung nach.
Außerdem haben Personen des öffentlichen Lebens aka „Prominente“ meines Erachtens einfach eine Vorbildfunktion und müssen sich an Regeln halten, die für alle gelten.
Sagen wir, W. Smith hätte in einem Club eine blöde Bemerkung über irgendeinen Nobody gemacht und der hätte ihm dafür eine gepfeffert… Dann wäre doch der Aufschrei groß gewesen und die Strafe für diesen Nobody hätte nicht lange auf sich warten lassen.
Edit (halbfertigen Post aus versehen zu früh rausgehauen):
Ich hatte da auch nicht weiter drüber nachgedacht. Zu weit weg. Nur als ich den sz Artikel gelesen habe, wo sich anscheinend jemand ernsthaft Gedanken gemacht hat fiel mir diese Bauerfeind Äußerung ein. Und wollte mal sehen, ob dieses „Eine kleine Kabbelei unter Peers ist besser als langanhaltender Beef“ Prinzip irgendwie auf Zustimmung stößt. Passte aber nicht wirklich gut, weil „kleine Kabbelei“, „Ohrfeige“ und „Gewalt“ nicht unbedingt vergleichbar sind.
Bonus Erkenntnis dafür: Wenn ich in einem Wildpark in sagen wir mal Poing einen verunglückten Witz machen würde. Dann wüsste ich jetzt jedenfalls in welchen Fällen ich ich weglaufen sollte…
(Nochmal edit: und so wie ich der Gürtel diesen Montag wieder entwickelt, wollte ich wenigstens einmal hier an einer Abstimmung teilnehmen und auf der Gewinnerseite stehen…)
Das hab’ ich gerade erst durch den Link mitbekommen.
Ich würde da nicht alles was man in einer Dankesrede spontan sagt direkt auf die Goldwaage legen wollen. Ich glaub da wollte sie einfach einen Punkt anbringen („I have to play against guys“) und da ist die ihr Formulierung missglückt. Passiert (hust) jedem schon mal. Nicht jeder kann so eloquent sein wie John Cleese hier:
Ich finde ja, dass der Skandal um die Ohrfeige größer gemacht wird als es sollte und dabei der Auslöser für die Ohrfeige untergeht.
Chris Rock hat einen Witz über das aussehen einer kranke Person gemacht. Das geht nicht.
War die Ohrfeige gerechtfertigt? Nein, zumindest nicht voll durchziehen. Sollte Chris Rock dafür öffentlich kritisiert werden? Definitiv, evtl an den Ohren von der Bühne stehen.
Ich finde die Diskussion da gerade sehr einseitig.
Ja, das war ein Scheißwitz, keine Frage. Witze über das Aussehen von Personen sind quasi nie gute Witze, sondern Lästern. Das sollte ein professioneller Witzemacher wie Will Smith eigentlich wissen.
Allerdings würde ich ungern sagen „den Witz darf man nicht machen“. Sondern: man darf (fast) jeden Witz machen. Aber man muss damit rechnen dass es ein schlechter Witz ist und dass es dann Backlash gibt. Sei es in Form einer Ohrfeige oder von mir aus auch auf Twitter. Das muss man als Comedian dann ohne Weinerlichkeit aushalten. So lernt man auch was gute und was schlechte Witze sind. Oder anders: ohne schlechte Witze gibt es auch keine guten mehr.
„kranke Person“ finde ich als Begriff hier auch ein wenig krass. Alopecia ist Haarausfall. Das trifft viele, gerne auch mal Männer. Und klar ist das blöd, insbesondere wenn man in einer Aussehen-Affinen Branche wie Schauspielerei unterwegs ist. Aber ich kann mir schlimmere Krankheiten vorstellen.
Persönlicher Fun Fact 1:
Beim durchlesen des Wikipedia Haarausfall-Artikels habe ich gelernt, dass es sowas wie Kreisrunden Haarausfall (Alopecia areata) gibt. Das würde vielleicht erklären, was meine Friseur*In jedes mal beim Haareschneiden mit OMG, was ist das, Sowas habe ich ja noch nie gesehen verblüfft. Tagesaktuelles Beleg-Selfie anbei. Die Tatsache dass meine Friseure bzgl. Haarausfall nicht mal auf den Kenntnisstand eines gewöhnlichen Wikipedia Artikels sind sollte mir vielleicht zu denken geben.
Warnung: Wer darüber jetzt Witze macht muss damit rechnen, dass meine Frau auf die Bühne stürmt und dir eine scheuert. Ich selbst darf nicht, ich habe mich leider gerade in einer Abstimmung gegen Gewalt bei Haarausfall-Witzen entschieden…
(was nicht einer gewissen Ironie entbehrt: schließlich hatte opportunistisch nur so abgestimmt, um endlich einmal auf der Abstimmungs-Gewinnerseite zu stehen. Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort pflegte meine Großmutter zu sagen)
Persönlicher Fun Fact 2:
Ich finde kurze Haare bei Frauen sexy. Von allen Frisuren die die Google Bildersuche für „Jada Pinket Smith“ ausspuckt, gefällt mir ihre aktuelle am besten.
Finde es schwierig, potentielle Leid anderer zu relativieren.
Alopecia ist eine Autoimmunerkrankung, bei der in Schüben mal die Hälfte der Kopfbehaarung flöten gehen kann. Ist natürlich cool, wenn dich der kahle Fleck nicht stört aber das ist halt dein Körper und deine Erfahrung.
Ich habe viele Jahre (bis es bessere Medikamente gab) mit einer relativ entstellenden Autoimmunerkrankung leben müssen. Für mich selber war es irgendwann nicht mehr so wild aber andere Menschen fühlten sich dauernd eingeladen, darüber zu reden. Das ist irgendwann echt zermürbend.
Extrem kurze Haare als Frau hatte ich übrigens auch mal und finde das einen tollen Style. Leider lassen aber auch dazu viel mehr Menschen als man heutzutage denken würde ungefragte Kommentare ab.
Die Frage ist doch wieso ihr die Haare ausfallen. Ist es nur Haarausfall oder ist da eine andere Krankheit dabei die diese verursacht? Ich habe gerade wegen meiner Migräne einen Medikamentenwechsel und bei den Nebenwirkungen beim neuen Medikament steht u.a. (verkürzt)
Häufig (bis zu 1 von 10)
Anämie
Allergie
Appetitverlust
Aggression
Sprachstörungen
Koordinationsprobleme
Verlust des Geschmackssinns
Sehstörungen
Vertigo, Ohrenschmerzen, Klingeln
Husten
Kurzatmigkeit
Nasenbluten
Fieber, Schwäche
Erbrechen, Verstopfung, Bauchschmerzen
Mundtrockenheit
Haarausfall oder Alopecia
Juckreiz
Gewichtszunahme (an anderer Stelle das Gegenteil)
Jetzt muss ich dazu noch sagen, dass dieses Medikament direkt im Gehirn rum wurschtelt und deswegen alle möglichen Effekte hat und auch fast alles mit häufig oder sehr häufig angegeben wird. Ich kann aber auch sagen, dass ich es gerade mal 2 Tagen einnehme und bei sehr vielen Nebenwirkungen ein Häkchen setzen kann und es jetzt aber durchstehen muss bis alles eingestellt hat.
Aber Entwarnung: Haarausfall ist mir bislang nicht aufgefallen. Werde aber Zeitnah ein Update liefern falls sich dazu was ändert aber auch darüber was meine Reaktion ist, wenn jemand meint sein Ego mit entsprechenden Witzen meint zu boosten zu müssen.