Diablo IV: Essay (ohne Spoiler)

Ich zahle 69,99 EUR für 45,6 GB Diablo IV und lade das Spiel während der Nacht herunter, um es am Abend des darauffolgenden Tags erstmals zu starten; ich spiele als Totenbeschwörerin, aber breche das Spiel nach einigen Tagen für mehrere Wochen ab. Ich habe keine Zeit für Diablo und da ich gleich mit Weltstufe zwei gestartet bin, „weil ich die Herausforderung suche“, mich aber für einen Vergleich der Gegenstandswerte kaum interessiere, sterbe ich oft. Ich bin nicht besonders motiviert, weiterzuspielen.

Ich erledige stattdessen tägliche Aufgaben in Fortnite: Ich sammle mindestens seltene Waffen aus Truhen auf, ich lege Distanz zurück, während ich auf einem Motorrad fahre und setze im Verlauf eines Matches Emotes bei verschiedenen benannten Orten ein.

Nach einigen Wochen starte ich Diablo IV wieder. Ich suche im Internet nach Angaben, wie viel Schaden und Rüstung man ab welchem Level haben sollte, und finde Anleitungen, wie man sich einen bestimmten Build zusammenstellt. Die Leute im Internet machen Videos darüber, wie man den Bone Necro Build oder den Ultimate Summoner Necromancer, Hautpsache Substativ, macht und unter den uTube-Videos stehen Kommentare der Art This has got to be the best break down of a Necromancers skill tree oder I also played this build. Macht das so überhaupt Spaß? Ich will Diablo so spielen, dass mir gefällt, was ich mache, zum Beispiel Ziegenmenschen mit Knochen aufspießen, mit Blut überschütten und sie dann zur Strecke bringen, indem ich schon vorher dahingemeuchelte Kadaver explodieren lasse. Ich habe mehr Spaß daran, diesem Spektakel zuzuschauen, als ein Optimum an Schaden und Ressourcenverbrauch zu ermitteln oder das Spiel mit der Figur einer anderen Person nachzuspielen. Ich will eigentlich nur random herumklicken und dabei möglichst imposant Monsterkörper von meiner Totenbeschwörerin zerfetzen lassen.

Vielleicht ist es Glück, aber es gelingt mir, dass ich mehr Rüstung bekomme und die Skills so wähle, dass die Monster etwas mehr Schaden nehmen. Ich opfere die beschworenen Skelette für andere aktive und passive Fähigkeiten – und es läuft besser. Ich klicke mit der Maus und beobachte das Massaker.

In den nächsten Tagen werden mir auf der Startseite von uTube etliche Diablo-IV-Videos angezeigt. Die Thumbnails zeigen Männer mit Grimassen, hinter ihren Köpfen sind Screenshots des Spiels oder das Gesicht von Lilith, das offensichtlich manuell retuschiert worden ist, um diesen oder jenen Ausdruck zu vermitteln. Die Videos haben Titel wie Diablo 4 Somehow Got WORSE… And So Did Blizzard oder Why People Are Quitting Diablo 4 oder Diablo IV ist tot oder Why Is Diablo 4 SO BAD?! und es gibt etliche reply-Videos zu Gaming’s Biggest Tragedy: The Rise And Fall Of Diablo 4 (also Videos in denen die Gaming’s Biggest Tragedy usw. abgespielt wird, und irgendein Gameboy seine Reaktionen dazu filmt, Rhykker Reacts, Quin69 Reacts usw. usf.).

Die Männer empören sich in den Videos, dass sie das Spiel nicht mögen, weil es schlecht skaliere, keine Herausforderungen sei, zu einfach oder zu schwer, zu langweilig sei. Ein gutes Spiel solle, so wird erklärt, gut skalieren und herausfordernd sein, aber nicht zu einfach oder zu schwer; ein gutes Spiel soll nicht langweilig sein usw. My Review of Diablo 4 After Playing Over 500 Hours. Viele Videos, vor allem solche von Deutschen, enden mit einer Ansprache, was „wir“ uns für die nächste Season wünschen. Ich weiß überhaupt nicht, was eine Season in Diablo sein soll. Viele Männer in den Videos reden nicht normal, sondern schreien. Sie zappeln und verzerren ihre Gesichter. Einer beschwert sich, dass er kein Spiel spielen will, das bloß 400 viewer auf Twitch habe. Mich langweilen die empörten Erklärer bald und ich achte bei den Videos auf die Filmtechnik, zum Beispiel: Schnitt auf das vergrößerte Gesicht, wenn sie etwas sagen, das besonders wichtig ist. Ich stelle mir vor, wie jemand im Gamersessel sitzt und redet und dann einen Empörungssatz ein zweites oder drittes Mal wiederholt, um ihn besonders eindrucksvoll in Szene zu setzen. Ich frage mich, wie sehr die Männer dabei schauspielern, und, ob sie sich dumm vorkommen, wenn sie die Aufnahme schneiden, und sich selbst beim Echauffieren zuschauen (ich denke nicht). In den Kommentaren steht dann sowas wie „Fantastic video! You carefully explain a ton of important design elements that matter to a good game experience. We shouldn’t accept mediocrity.“ Ich schreibe immer Videos, aber es ist eigentlich Werbung für, keine Ahnung, Audible oder einen Lieferservice oder was. Ich finde es hochpeinlich.

Ich habe nicht den Eindruck, dass ich die Probleme von denen verstehe, die so empört sind; vielleicht geht es auch nur darum, content zu produzieren und von den Werbeeinnahmen etwas zu verdienen, man muss eben am Leben bleiben. Wenn ich meine Startseite auf uTube beschreibe, dann sagt das vor allem anderen etwas über mich aus. Aber vielleicht verstehe ich auch das Spiel nicht richtig. Es ist eben Diablo, was für Erwartungen soll man dazu überhaupt haben? Es ist nicht mehr als Herumklicken. Vor einigen Monaten, vielleicht vor etwa einem Jahr, hatte ich Path of Exile ausprobiert, aber bald abgebrochen, weil ich es nicht verstanden hatte. Beim Upgraden der Eigenschaften hat sich eine Landkarte von Eigenschaften entfaltet und ich war verloren. Ich hatte den Eindruck, zuerst 500 Stunden Videos mit Werbung für Audible oder einen Lieferservice oder was anschauen zu müssen, um mich in diesem System auszukennen. Es war mir zu viel. Ich mochte, wie Path of Exile aussieht, und es gefiel mir auch, so ein kleines Männchen am Strand zu sein, das mit einem irgendwo gefundenen Knüppel Strandmonster totklickt. Ich dachte aber, dass ich lieber den neuen Teil von Diablo spielen würde, weil in Diablo, da sind die verschiedenen Möglichkeiten, die Eigenschaften einer Figur zu entwickeln, überschaubar, und es im Wesentlichen auch egal, was ich auswähle, weil jede Entscheidung widerrufen werden kann, und die Auswahl für das erste Durchspielen sowieso egal ist; ich möchte bloß ein paar Monster per Mausklick killen. Es bereitet mir Vergnügen, vielleicht auch nur Zerstreuung, das Spiel einmal durchzuspielen, und das reicht mir dann auch.

Weil ich überhaupt keinen Grund sehe, mich über Diablo zu beschweren, und daher denke, das Spiel nicht zu verstehen, schaue ich weiter Werbevideos an. In einem beschwert sich ein schreiender Typ mit ärmellosem Oberteil, dass er sich beim Spielen nicht wie ein badass fühle: Weil Diablo IV eine offene Welt sei, und nicht, wie die früheren drei Teile, levelbasiert (was ja nicht ganz stimmt, weil die Welt in Diablo 3 war auch „offen“, es gab halt Abschnitte … aber das kann im Kommentarbereich geklärt werden. Würdest du sagen, die Welt in Diablo 3 ist offen oder geschlossen?), und die Gegner vom Anfang des Spiels – Wölfe („Wargs“) – stärker werden, wenn man selbst auflevelt. Das heißt, du kannst 500 Stunden Diablo IV spielen, dann an die Stelle zurückgehen, an der das Spiel begonnen hat, und dort den schon seit langem bekannten Wölfen begegnen, die aber gleich stark sind wie aktuelle Gegner. Da hat der empörte Mann schon recht, I can’t believe more people aren’t talking about this. Aber ist das so schlimm? Ist es denn wirklich so spannend als kleines Männchen, oder Weibchen, durch die bereits besuchte Welt von Diablo zu laufen und alle Wölfe und Spinnen vom Beginn des Spiels fallen einfach tot um, wenn du dich ihnen näherst? Can You Beat DIABLO 2 With Only Thorns?

Feel like a badass: Ich nehme an einem Legionsereignis, einem Community-Event teil. Eine Handvoll anderer Spieler steht am markierten Punkt der Karte, eine Zeitleiste füllt sich, ich fühle mich mit den anderen verbunden. Schon am Weg zum Sammelpunkt sind einige Figuren auf Pferden – ich hatte noch keines – an mir vorbeigeritten und es war klar, dass wir alle dasselbe Ziel haben: Die versammelten Legionen. Ich bilde mit den anderen gemeinsam am markierten Ort eine Wartegesellschaft. Mir ist nicht klar, was genau passieren wird, aber in etwa wird es darum gehen, Monster totzuklicken. Dann kommen Ungeheuerhorden, alle Figuren laufen herum, ich leiste vermutlich nur einen kleinen Beitrag, aber das ist auch egal, weil alle anderen herumklicken und die Lebensbalken der Monster rasch nach unten sinken. Ich beobachte die Effekte der anderen Figuren, aber es ist ein großes Gewimmel und ich kann dem Geschehen kaum folgen. Irgendjemand beschwört eine riesige goldene Schlange, die sich um Gegner windet, und das schaut beeindruckend aus, aber ich weiß nicht genau, welche der Figuren das war. Um vor den anderen anzugeben, verwende ich die Blutwelle – die dank der Eigenschaften von Gegenständen mehrere Blutwellen erzeugt, also öfter abläuft – und hoffe, dass jemand auch davon beeindruckt ist. Am Ende bekomme ich irgendwelche legendären Gegenstände, die ich zu Handwerksmaterial verarbeite. Ich musste mich nicht anstrengen, es war langweilig. Ich fühle mich eher wie ein bad ass als ein badass.

Ich unterbreche das Spiel wieder für einige Zeit, durchsuche in Fortnite Eismaschinen oder Kühlboxen und besuche eine Ruine. Ich nehme einen Job bei einer Jobtafel an. Dann beginne ich wieder mit Diablo, erreiche bald Level sowieso und folge mehr der Story. Ich gehe nicht mehr den Nebenquest-Tätigkeiten nach, d.h. irgendwelche Monsterknochen sammeln oder Gegenstände von A nach B tragen. So etwas kann ich auch an anderer Stelle machen, siehe die Jobtafel von Fortnite. Ich vergesse nicht mehr so rasch, welche Figuren für die Geschichte wichtig sind (ausgenommen die Figuren, mit denen ich nicht regelmäßig spreche und die ich bereits vergessen habe; zum Beispiel Vigo, der im späteren Spiel auftaucht, und von dem ich nicht wusste, dass ich ihm schon einmal begegnet bin). Während ich Diablo spiele, lese ich Yoga von Emmanuel Carrère. Den Begriff Yoga, schreibt Carrère, fasse er sehr weit: Auch Tai-Chi ist eine Form von Yoga. Auch Sex kann eine Form von Yoga sein. Das bedeutet keine Gleichsetzung der Art Yoga = Ficken. Ich habe keine Ahnung von Yoga, aber verstehe Carrère so, dass er die Möglichkeit behauptet, dass bestimmte Aktivitäten eine Form annehmen können, die der Form von Yoga ähnelt. Später im Buch schreibt er vom gemeinsamen Einatmen und Ausatmen, dem Andauern von Momenten, der langsamen Bewegung des Beckens, dem Innehalten usw. und die Beschreibung passt zu Sex ebenso gut wie sie zu Meditation oder zu Yoga passen würde. Ich frage mich, was Form von Yoga bedeuten mag; und ich frage mich, ob Diablo IV auch eine Form von Yoga sein kann.

Nach dieser zweiten längeren Pause spiele ich einen ganzen Abend bis kurz vor 2 Uhr Diablo. Ich folge der Story, erledige einen Hauptquest nach dem anderen. Meine Augen sind trocken, mein Zeigefinger tut weg. Ob das Anzeichen meines körperlichen Verfalls sind? Es ist vermutlich nicht gut, wenn ich so lange Diablo spiele, bis mein Körper weh tut. Ich kann wohl nicht mehr so easy Diablo klicken wie jemand, d 20 Jahre alt ist. Ich denke an die Leute in Taiwan, in China und sonstwo, die beim Farmen von legendary Gegenständen dehydriert und vor dem Bildschirm zusammengebrochen sind. Wie alt waren sie? 36 Jahre?

Ich halte es für Unsinn, zu sagen, dass Computerspielen (ganz generell gemeint), die Aufmerksamkeitsspanne reduzieren. Ich bin, wenn ich in Diablo IV herumklicke, manchmal ganz versunken in das Geklicke. Jemand, d zuschaut, mag nur Flackern und Flimmern sehen, aber wer im Zentrum des Geschehens steht, wohnt einem Feuerwerk an Bedeutung bei: Ich weiß, bestenfalls zumindest, was rund um mich geschieht: Wo stehen die Gegner mit hohem Gesundheitsbalken, wann ist der cooldown dieser Attacke zu Ende, wo sind Kadaver für Leichenranken usw. Als ich dem Legionsereignis nicht folgen konnte, war ich vielleicht nicht richtig im Spiel, selbst bloß am Zuschauen und nicht am Teilnehmen; vielleicht war es deshalb auch so langweilig. Wenn es mir gelingt, dem Flimmern am Bildschirm zu folgen, dann ist das wohl auch ein – wie Carrère schreibt – Intensivieren und Verfeinern, „während alle Empfindungen auf einen Punkt konzentriert sind“. Ich bin dann aufmerksam für das Geschehen rund um mich herum. Jeder Klick steigert meine Lust und mein Staunen. Am Ende bin ich vollständig im Spiel, ich bewege mich wie am Meeresgrund, ich versenke mich im Spiel, ich atme ein, senke meinen Finger auf die Maustaste, ich atme aus, hebe meinen Finger wieder. Das diskursive Denken wird dabei ausgeschalten usw. usf. Ich könnte noch viele andere Passagen von Carrère dazuschreiben. Wenn das keine Form von Yoga beschreibt, dann weiß ich auch nicht.

Eine ganz einfache Yoga-Übung, schreibt Carrère, sei „die Flamme einer Kerze anzuschauen“, ihren kleinsten Bewegungen zu folgen „und das eigene Gehirn so mit dieser Flamme zu verbinden, dass es selbst zu dieser Flamme wird“. Vielleicht ist das eine Antwort auf die Frage, wie es sich mir und der Totenbeschwörerin verhält, mit Spieler:in und Figur. Manchmal versinke ich in dem Klickstakkato und werde 1 mit der Welt; dann bin ich die Totenbeschwörerin. Ich halte es für interessant, meditativ statt immersiv zu sagen. Es mag Phasen geben, in denen ich mit der Welt, der Totenbeschwörerin, der Flamme 1 bin und vergesse, ein Körper vor dem Bildschirm zu sein, der bloß auf der Maus herumklickt. Es mag auch Phasen geben, in denen mir das nicht gelingt. Ich werde aus der Totenbeschwörerin, der Welt, der Flamme herausgerissen, wenn zum Beispiel eine Notification piepst oder ich mich anders hinsetzen muss, weil alles wehtut, oder mit Augentropfen meine Netzhaut befeuchten.

Spiel man Diablo erst dann richtig, wenn man dabei dehydriert und tot zusammenbricht? Scheitere ich also? Verstehe ich die Probleme mit dem Spiel deshalb nicht richtig? Was genau gelingt mir dann nicht? Ich wäre 1 geworden mit wem oder was auch immer, wenn ich den Schmerz im Klickfinger oder das Brennen im Auge, das „Fremdkörpergefühl“ überwunden hätte. Für die Versenkten wird der eigenen Körper zum Fremdkörper, ihre Gedanken sind vom Elend des Fleisches losgelöst, Astralreise ins Nirwana, oder so. Hilft es, eine Analogie zu Yoga herzustellen? Du kannst sagen, ich meditiere richtig, wenn ich mich in diese oder jene Haltung begebe – und zwar so gerade wie möglich sitzend die Wirbelsäule „so weit nach oben strecken, als wolle man mit dem höchsten Punkt des Schädels die Decke anheben“ und zugleich alles andere, die Beine, Schultern, Arme entspannen. Diese Haltung einzunehmen sei, schreibt Carrère, „eine Vollzeitbeschäftigung“. Aber wenn ich „richtig meditieren“ schreibe, dann klingt so wie der richtige Build, das heißt, schon falsch. Ich kann mich keine ganze Minute im Schneidersitz hinsetzen und überhaupt nicht in den Lotossitz, ohne dass mein Körper wehtut. Es ist für mich unangenehm, diese Haltung einzunehmen, und ich muss meine Muskeln anspannen, um sie auszuhalten.

Ich erinnere mich daran, irgendwo im Internet von Luang Pho Daeng gelesen zu haben (nach dem Namen habe ich jetzt gesucht, ich wusste ihn nicht mehr auswendig), der meditativ versunken im Lotossitz sein Leben ausgehaucht hat und dessen Körper durch die Gegebenheiten seiner Meditationshöhle mumifiziert worden ist. Ich denke an den CNN-Bericht „Scan reveals 1,000-year-old mummified monk hidden in statue“. Für die Mumifizierung muss nachgeholfen werden, aber es gibt, ein Wikipedia-Fact, „the practice of Buddhist monks observing asceticism to the point of death and entering mummification while alive“. Es gibt Leute, die sich zu Tode meditiert haben. Es gibt Leute, die sich mit Diablo zu Tode gespielt haben. Ich weiß nicht, ob das mehr miteinander zu tun hat, außer, dass es um den Tod geht. Es ist tragisch, wenn jemand Diablo for nearly two days without eating spielt und danach stirbt. Öffne ein anderes Browsertab und suche nach Sokushinbutsu. Ist, oder war, der Tod von Luang Pho Daeng auch tragisch? Für wen?

Ich schaffe es um 2 Uhr in der Nacht nicht mehr, weiter Diablo zu spielen; ich schaffe es nicht, mich im Lotossitz hinzusetzen. Was so klingt, als ob es ein Scheitern wäre, ist aber, denke ich, keines: Wenn ich um zwei Uhr in der Nacht wie ein Beobachter mit schmerzendem Körper vor dem Bildschirm hocke, dann gibt es, stelle ich fest, die Welt (das heißt, den Bildschirm oder exakt alles außer dem Bildschirm) und mich. Lilith – oder eher Inarius, würde ich sagen – bedroht Sanktuario, aber ich bin ein Körper mit Vritti im Kopf, den im mir nun angeeigneten Yoga-Slang mentalen „Bewegungen, die den Geist erschüttern“. Dieser Körper, diese Bewegungen: das bin ich. Es ist möglich, sich in Diablo, der Welt oder einer Flamme zu versenken, aber es ist, denke ich, auch gut, von dort wieder zurückzukommen, in den Körper, der man eben ist. Wer in der Versenkung bleibt, versinkt, atmet ein, aber nicht mehr aus. Das ist eine Form des Erstickens. Wer Vorkehrungen getroffen hat, wird zur Sokushinbutsu-Mumie (ich betrachte die Berichte über die verstorbenen Diablo-Players als eine Form der Mumifizierung). Du kannst sagen, die Erleuchteten brauchen keine Atmung mehr, aber ich würde sagen, die Erstickten auch nicht.

Die Sektierer:innen würden vielleicht entgegnen, Versenkung/Versinken sei bloß ein Wortwitz, und die erfolgreiche Mumifizierung sei ein Hinweis auf die erfolgreiche Auflösung (game over für die Mumie, try again für die Verwesten). Ich höre lieber Breath von The Prodigy, „Breathe the pressure, come play my game“ & bin lieber psychosomatic, addict, insane. Ich bin froh, dass meine Augen um 2 Uhr in der Nacht weh tun und mich daran erinnern, auszuatmen. Ich gehe um 2 Uhr ins Bett, schmiere meinen Augen mit der OLEOVital Augensalbe ein, mache im Bett am nächsten Morgen die oder den Balasana, und stehe halt auf. Wiesenblume schickt mir einen Satz aus Liebes Arschloch von Virginie Despentes: „Lieber verrecken als Yoga machen, definitiv“.

8 „Gefällt mir“

Wooooaaaaahhhh.

(Das ist ein ganzer Satz.)

2 „Gefällt mir“

Ich bin mir nicht ganz sicher was ich gerade gelesen habe. Früher habe ich Texte gelesen und verstanden, was Sie sagen wollten. Heute suche ich Wörter über Google und versuche den Anschluss beim Lesen nicht zu verlieren, während mir der Algorhythmus bereits nach zwei Buchstaben vorschlägt, was ich tatsächlich suche.
Vielleicht habe ich gerade einen Text über Diablo 4 gelesen. Vieleicht einen Text über Yoga. Wer weiß das schon. Ich glaube, der Autor und ich haben einen Draht zueinander. Vielleicht haben wir auch keinen Draht, sondern einfach eine ähnliche Form Dinge wahrzunehmen. Aber ich finde es klingt schöner, wenn ich sagen: Wir haben einen Draht zu einander, auch wenn wir uns nicht kennen.
Ich möchte dem Autor die Hand reichen und sagen: Du bist nicht allein. Dabei ist er allein - er spielt ja Diablo 4 und da ist man nunmal allein in der prozedural generierten Welt eines Multiplayer Games. Man ist immer allein. Auch mit den anderen Spielern zusammen. Allein, allein. Nur das Loot und Du.
Könnte ich die Hand des Autors erreichen, dann würde ich sagen: Das wird schon. So ist das nun einmal. Nicht alles ist perfekt und DU musst nicht perfekt sein. Insbesondere nicht für dieses Spiel.
Auf uTube geht es um Perfektion. Die Idee, dass man ein Spiel ideal spielen kann. Ideal effizient - könnte auch ein Slogan für ein Spülmittel sein. Fairy Ultra fast - Ideal effizient.
Dabei geht es auch in Diablo 4 für 98% der Spieler nicht um ideal. Vergiss ideal. Vergiss das alles. Es geht heute, genauso wie damals, als wir noch Mephisto Runs gemacht haben, darum, dass man Spaß hat. Also, mach was dir Spaß macht. Und wenn das, was dir Spaß macht nicht klappt - mach etwas anderes. Es ist nur ein blödes Stück Software. Ein Produkt aus Eins und Null - wie der Rest des Universums. Also, klick was dich glücklich macht und lass die uTube Jünger effizent skandieren. Fünf Buchstaben - E N J O Y

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