Es gibt vermutlich nur wenige, an denen die letzten Jahre spurlos vorbeigegangen sind. Jede*r für sich musste ein Mittel finden, das in einer solch andauernden Ausnahmesituation Halt versprach. Videospiele waren mein Halt. Bis sie es plötzlich nicht mehr waren.
Danke für den großartigen Artikel!
Videospiele dienten nicht mehr der Erholung nach erfolgreicher Pflichterfüllung, sie wurden ein Teil davon. Ein Teil des Ausklammerns. So tauchte ich nicht mehr in unbekannte Welten ab, sondern versuchte die Wirklichkeit mit bereits bekannten Szenarien lediglich zu verdrängen. Eine Reduktion auf Automatismen, die eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem eigenen Wohlbefinden blockierte. Ich performte in allen Lebensbereichen, weil es offenbar keine Alternative dazu gab. Bis das Zittern in den Händen irgendwann nicht mehr von der Vibration des Controllers kam.
Das bringt es so unglaublich gut auf den Punkt, wie ich es als jmd für den Zahlen so viel angenehmer sind als Worte, nie hätte Formulieren können.
Vorallem ist es nicht nur bei Spielen so, ich habe noch so viele Hörbücher die ich nicht angefangen habe und doch höre ich jetzt zum 100 mal das gleiche.
Auch von mir Danke für diesen tollen Artikel, den ich komplett nachempfinden kann.
Ich merke momentan das ich immer näher am Wasser gebaut bin, da ich hier gerade in meiner Frühstückspause mit Tränen in den Augenwinkeln sitze, nur weil ich den neuen Artikel eines Videospielportals gelesen habe. Danke Me…äh Wasted!!!111!
Mich macht die Idee eine New Normals komplett fertig und ich hoffe das eine irgendwann eintretende endemische Lage uns davor bewahrt.
Zu den Spielen: Habe auch versucht in Animal Crossing zu fliehen. Hat nicht geklappt. Die letzen zwei Tage Disco Elysium funktionieren zum Glück mal wieder komplett zum abtauchen.
Ein toller Beitrag, und gleichzeitig so beklemmend! Ich finde mich darin total wieder, allerdings geht es mir zur Zeit eher so, dass ich mich schon kaum noch an (neue) Spiele herantraue, sondern mich nach einem langen, immer gleich strukturierten Arbeitstag meist lieber auf die Couch werfe und Serien binge
I feel you, ich habe so viele Titel im Steam die ich unbedingt spielen will, aber habe dann meistens nicht die Kraft auf play zu drücken und lande dann bei Youtube, Twitch oder Disney+.
Disco Elysium ist ein spiel das ich so gerne zocken würde, aber ich habe auch Angst davor nicht die Konzentration aufbringen zu können um das spiel zu würdigen.
Habe als mittlerweile 98% Konsolenspieler daher auch meine Steamaccount bemüht um mich immer mal für zwei Stunden mit Laptop und Kopfhörern in einer Ecke des Hauses in die Welt zu begeben und abzutauchen. Das ist an der Konsole im Wohnzimmer eher schwierig zu den meisten Zeiten.
Selbstreflexion mit Nährwert
Der Artikel und die Auseinandersetzung beim Lesen und in den Kommentaren besitzen die richtigen Nährstoffe, um in belasteter Zeit, Raum zu schaffen, der nicht ‚wasted‘ ist (Paradoxie: Wasted ist nicht wasted ), sondern Ausganspunkt für die Entwicklung individuell sinnstiftender Perspektiven.
In diesem Zusammenhang ist mir ein Märchen eingefallen, das ich gerne mit den verständlicherweise ‚Bedrückten‘ teile:
Das Märchen von der traurigen Traurigkeit (Inge Wuthe)
Es war eine kleine Frau, die den staubigen Feldweg entlang kam. Sie war wohl schon recht alt, doch ihr Gang war leicht, und ihr Lächeln hatte den frischen Glanz eines unbekümmerten Mädchens.
Bei der zusammengekauerten Gestalt blieb sie stehen und sah hinunter. Sie konnte nicht viel erkennen. Das Wesen, das da im Staub des Weges saß, schien fast körperlos. Es erinnerte an eine graue Flanelldecke mit menschlichen Konturen. Die kleine Frau bückte sich ein wenig und fragte: „Wer bist du?“
Zwei fast leblose Augen blickten müde auf. „Ich? Ich bin die Traurigkeit“, flüsterte die Stimme stockend und so leise, dass sie kaum zu hören war. „Ach, die Traurigkeit!“ rief die kleine Frau erfreut aus, als würde sie eine alte Bekannte be¬grüßen. „Du kennst mich?“ fragte die Traurigkeit misstrauisch.
„Natürlich kenne ich dich! Immer wieder einmal hast du mich ein Stück des Weges begleitet.“ "Ja, aber…“ argwöhnte die Traurigkeit, „warum flüchtest du dann nicht vor mir? Hast du denn keine Angst?“ „Warum sollte ich vor dir davonlaufen, meine Liebe? Du weißt doch selbst nur zu gut, dass du jeden Flüchtigen einholst. Aber, was ich dich fragen will: Warum siehst du so mutlos aus?“
„Ich … ich bin traurig“, antwortete die graue Gestalt mit brüchiger Stimme. Die kleine, alte Frau setzte sich zu ihr. „Traurig bist du also“, sagte sie und nickte verständnis¬voll mit dem Kopf. „Erzähl mit doch, was dich so bedrückt.“
Die Traurigkeit seufzte tief. Sollte ihr diesmal wirklich jemand zuhören wollen? Wie oft hatte sie sich das schon gewünscht. „Ach, weißt du“, begann sie zögernd und äußerst verwundert, „es ist so, dass mich einfach niemand mag. Es ist nun mal meine Bestimmung, unter die Menschen zu gehen und für eine gewisse Zeit bei ihnen zu verweilen. Aber wenn ich zu ihnen komme, schrecken sie zurück. Sie fürchten sich vor mir und meiden mich wie die Pest.“
Die Traurigkeit schluckte schwer. „Sie haben Sätze erfunden, mit denen sie mich bannen wollen. Sie sagen: Papperlapapp, das Leben ist heiter. Und ihr falsches Lachen führt zu Magenkrämpfen und Atemnot. Sie sagen: Gelobt sei, was hart macht. Und dann bekommen sie Herzschmerzen. Sie sagen: Man muss sich nur zusammenreißen. Und sie spüren das Reißen in den Schultern und im Rücken. Sie sagen: Nur Schwächlinge weinen. Und die aufgestauten Tränen sprengen fast ihre Köpfe. Oder aber sie betäuben sich mit Alkohol und Drogen, damit sie mich nicht fühlen müssen.“
„Oh ja“, bestätigte die alte Frau, „solche Menschen sind mir schon oft begegnet.“
Die Traurigkeit sank noch ein wenig mehr in sich zusammen. „Und dabei will ich den Menschen doch nur helfen. Wenn ich ganz nah bei ihnen bin, können sie sich selbst begegnen. Ich helfe ihnen, ein Nest zu bauen, um ihre Wunden zu pflegen. Wer traurig ist, hat eine besonders dünne Haut. Manches Leid bricht wieder auf wie eine schlecht verheilte Wunde, und das tut sehr weh. Aber nur, wer die Trauer zulässt und all die ungeweinten Tränen weint, kann seine Wunden wirklich heilen. Doch die Menschen wollen gar nicht, dass ich ihnen dabei helfe. Statt dessen schminken sie sich ein grelles Lachen über ihre Narben. Oder sie legen sich einen dicken Panzer aus Bitterkeit zu.“ Die Traurigkeit schwieg. Ihr Weinen war erst schwach, dann stärker und schließlich ganz verzweifelt.
Die kleine, alte Frau nahm die zusammengesunkene Gestalt tröstend in ihre Arme. Wie weich und sanft sie sich anfühlt, dachte sie und streichelte zärtlich das zitternde Bündel. „Weine nur, Traurigkeit“, flüsterte sie liebevoll, „ruh dich aus, damit du wieder Kraft sammeln kannst. Du sollst von nun an nicht mehr alleine wandern. Ich werde dich begleiten, damit die Mutlosigkeit nicht noch mehr an Macht gewinnt.“ Die Traurigkeit hörte auf zu weinen. Sie richtete sich auf und betrachtete erstaunt ihre neue Gefährtin: „Aber … aber - wer bist eigentlich du?“ „Ich?“ sagte die kleine, alte Frau schmunzelnd, und dann lächelte sie wieder so unbekümmert wie ein kleines Mädchen. „Ich bin die Hoffnung.“
Richtig guter Beitrag <3
wer hätte noch 2018 gedacht, dass der nerdige Lebensstil, niemanden zu treffen und Menschen aussschliesslich Online zu kennen, mal der Königsweg sein wird um Pandemien und Apokalypsen zu überstehen.
Nicht der getarnte Prepper, nicht der durchtrainierte mit allen Wassern gewaschene Survivalist, NEIN, der ungewaschene Computernerd wird am besten durch die Epidemie kommen
Ich habe auch so meine Problemchen mit der Pandemie, aber bestimmt weniger, als die meisten anderen mit ihren durchgeplanten Sozialleben.
Das Problem mit dem Überangebot an Spielen kenne ich aber auch.
Grad beim Gamepass ist meine Geduld gegenüber Spielen, die nicht exakt so sind wie ich es will, gleich null.
Das war aber auch schon vorher so, und ist einfach nur dem Überangebot geschuldet.
So gehts mir aber überall, ich bin mit grossen Angeboten relativ überfordert: So schaue ich bei Netflix zu 95% Startrek, und kaufe im Supermarkt trotz drölfzig fancy Sorten am liebsten das Erdbeerjoghurt.
Mich stört gerade das ich eben kein durchgeplantes Sozialleben hatte.
Meine Kontakte zu Freunden und Familie funktionierten meist über spontane Verabredungen „haben Kuchen geholt kommt doch vorbei“, „heute Lust auf Kino/Grillen whatever“.
Plane nicht gerne voraus.
Aber jetzt muss jedes etwaige Treffen durchdacht werden, wo, mit wem und klar das macht jeder anders, aber wir ziehen da halt schnell eine Grenze was Kontakte angeht, trotz Booster und so, weil meine Schwiegereltern im Haus wohnen und ich meinen kranken Vater besuche, das hat Priorität.
Hinzu kommt das alle meine engen Freunde verstreut wohnen und somit jeder schon einen aufgrund der Schul- und Kitafreunde der Kinder, festen Kontaktkreis hat.
Was mir also am meisten fehlt ist die Spontanität und Sicherheit merke ich.
Egal, geht ja auch um Soiele.
Ich spiele jetzt mit meinem Sohn eine Runde Hero Quest. Das ist zwar nicht digital aber passt ja doch halbwegs
du hast das ein bissl anders interpretiert, aber so stimmt das natürlich auch.
Ich meinte es eher so, dass diejenigen die vor der Pandemie noch ein durchgeplantes Leben hatten á la „Dienstag: Fussball, Mittwoch: Feuerwehr, Donnerstag: Elternbeirat, Samstag: Verschönerungsverein, Sonntags: Familientag“, es wohl am schwersten hatten mit der Umstellung.
Handfeste Probleme die bei schulpflichtigen Kindern zb noch dazukommen rechne ich da garnoch nicht dazu. Aber die machten die Situation bestimmt auch nicht einfacher
Heroquest <3
Danke, ey. Einfach nur Danke!
Sehr genau auch meine Gefühle und Gedanken…
Zwischenzeitlich habe ich das ein oder andere Spiel auch so ernst genommen, dass es mir dermaßen die Stimmung verhunzt hat und ich Abstand brauchte, um überhaupt wieder klarzukommen und das dann auch wieder als Vergnügen zu betrachten.
Dann stelle ich mich auch mal zu euch in die Schlange, denn mir geht es ähnlich.
Ob man Spiele nun als Eskapismus oder Betäubung nutzt, am Ende ist beides auf ein und das gleiche Übel, die Realität, zurückzuführen. Wobei der Artikel ja schön zeigt, dass sie als Betäubung auch noch das das verlieren, weswegen die meisten Menschen Spiele so lieben
(fremde Welten, Abenteuer und eben Eskapismus). Aber Hölle … ist es nicht traurig, dass Spiele offenbar bei jede:r von uns hier in den Kommentaren, zumindest in einem gewissen Maße, einen der beiden Zwecke (Eskapismus oder Betäubung) erfüllen oder sogar erfüllen müssen?
Was ist das für eine Welt wo etwas, das per Definition Spaß machen soll und sein „Ziel in sich selber hat“ zu etwas wie einer Pflichterfüllung und Belastung ausartet? Wo die Realität für viele derart belastend ist, dass wir gezwungen sind zum Gamepad zu greifen, statt es aus reiner Freunde zu tun, und selbst das vor Erschöpfung nicht mehr schaffen und
vor Streamingdiensten versumpfen?
Und selbst wenn wir uns mit diesem Zustand abfänden - was wir niemals tun sollten - sind wir derart von einem Medienangebot überrollt, dass auch das zum Verzweifeln ist. Denn gezielt konsumieren und sich dabei wohlfühlen, statt Druck zu spüren die unendliche Anzahl weiterer Medien, die uns mundgerecht von Algorithmen aufgedrängt werden, ist eine psychologische, menschliche Meisterleistung. Ich schaffe es nicht, die zu erbringen. Und wisst ihr was? Ich will es auch gar nicht müssen. Allein der Zustand, mich damit auseinandersetzen zu müssen, macht mich wütend.
Gamepass hier, Spotify da, Netflix obendrauf, Podcatcher die überquillen … und Bücherregale, die nur noch da sind, weil eh niemand mehr Zeit und Konzentration hat, die Dinger zu lesen und irgendwann wegzuschmeißen. Das ist nicht normal.
Irgendwo sind wir Menschen mal falsch abgebogen, wobei ich das Fass hier jetzt nicht auch noch aufmachen möchte.
Ich arbeite noch dran, aber ich merke wie gut mir es tut, auf immer mehr von dem ganzen Scheiß zu verzichten und viel mehr das Einzelne wertzuschätzen. Bevor ich Dark Souls nicht in mich aufgesogen habe, spiele ich nichts anderes. Spotify? Nein, Danke. Game Pass? Sicher nicht. Instragam? Ahahaha. Hat ein bisschen was von Aussteigen, aber hey … probiert’s mal, wenn es euch ähnlich geht wie mir. Die beschissene FOMO wird immer wieder mal anklopfen, aber sie zu ignorieren tut unendlich gut. Und das was nachher übrig bleibt, hat alles einen Wert, statt GamePass-Wegwerf-Ware zu sein.
Und im Idealfall schafft das auch Kapazitäten für die im Artikel angesprochene „ernsthafte Auseinandersetzung mit dem eigenen Wohlbefinden“.
Diese Haltung und Erfahrung kann ich nur bestätigen (wie wohltuernd kann auch einfach die Stille mal sein ), wobei ich auch die anderen Zeiten mit den diversen „Abhängigkeiten“ nicht missen möchte. Weniger ist mehr und das Bewusstsein sich immer wieder neu entscheiden zu können (und nicht zu müssen) fördert die Eigenverantwortung und das Lebensglück frei nach dem Motto: „Gelebt habe ich nur die Zeit, die ich mir genommen habe!“ und aufs gaming bezogen intrinsisch abzocken