Freut mich, dass du das Thema nochmal aufgreifst, da es ja hier sonst bisher keine große Resonanz gefunden hat. Du sprichst aber natürlich auch gleich das große Problem an: Compliance wird in vielen Unternehmen ja sogar als lästig empfunden. Mit Compliance verdient man ja auch kein Geld, sondern wird im Zweifel ja sogar ausgebremst und man muss Zeit und Ressourcen investieren. Dass das eigentlich unerlässlich für das Betriebsklima/Kultur ist, wird leider oft vernachlässigt. (Oder natürlich auch sehr teuer werden kann wie z.B. beim Thema Datenschutz). Die größte Farce in neuerer Vergangenheit war sicherlich beim Springerkonzern, wo die Complianceabteilung J.Reichelt ja angeblich kaum Beanstandeswertes finden konnte und erst ein weiterer Skandal dazu führte, dass endlich Konsequenzen gezogen worden sind.
Die ständig neuen Vorwürfe bei den Spielepublishern wie Blizzard zogen meiner Kenntnis nach bisher kaum Konsequenzen auf höchster Führungsebene nach sich, was wirklich ungeheuerlich ist. Und um auf @RainerSigl zurückzukommen: Kann man das mit sich vereinbaren, dass man das unterstützt?
Ich glaube bei uns in der Firma wurde Compliance erst wichtig, als Preisabsprachen publik wurden und es eine saftige Strafe gab (war vor meiner Zeit). Jetzt gibt es alle paar Monate ein Training (über die Inhalte kann man Streiten), aber die Leute die für Compliance zuständig sind, sind absichtlich „weit weg“ und „unsichtbar“ von den restlichen Mitarbeitern, damit es keine Einflussnahme geben kann. Ich kann keinen Compliance Officer bei uns benennen. Gleichzeitig bekommen die Grob das 2-3x Einstiegsgehalt. Und überall steht die hotline Nummer Also so viel Compliance wie hier hatte ich noch nie erlebt. Aber ob die auch im Zweifel den CEO auf die Finger hauen weiß ich nicht. Wäre interessant wie es bei einer Firma wie Siemens, Glock, usw. ist, die auch schon mehrere Kartell- und Korruptionsskandale hinter sich hat.
mir gehen die alten Zeiten ab.
Kunde sein ist schon was cooles, vorallem wenn man in Aussicht stellt 700k Euro investieren zu wollen.
Wenn ich denke, wie tief die Firmen mir und meinem Chef in den Arsch krochen, und wohin wir nicht alles eingeladen wurden, will ich garnicht erst wissen, wie es abgeht, wenns um richtige Investments wie Kraftwerke oder Waffen geht.
Momentan darf ich eigentlich nichtmal einen Kugelschreiber annehmen.
Finde ich aber die einzig richtige und konsequente Einstellung. klingt zwar lächerlich, aber dann gibt es keine Diskussionen. Bei uns ist das nicht so.
Aber Siemens finanziert ja auch eine ganze internationale Antikorruptions-Organisation (IACA), statt z.B. die UNODC. Ironie am ganzen ist, dass vor paar Jahren dort Geld veruntreut wurde.
Aber egal, das ist hier nicht das Thema. Und entschuldige mich, dass wir vom Thema zu weit abgedriftet sind.
Anderer Funfact: Wir hatten ein Compliance Training und da ging es um Datendiebstahl und da war ein stehlender Afroamerikaner abgebildet und da kam direkt die Frage auf, ob wir die Compliance bei der Compliance anzeigen sollten.
Freut mich auch. Vor allem, weil in den ersten Posts meiner Meinung nach schon einige wirklich coole Punkte für ein schwieriges Thema drin waren (s.u.)
Erstmal zur eigentlichen Frage des Artikels: Gibt es gute Kunst von schlechten Menschen?
Ich vermute mal, dass das eher rhetorisch gemeint war. Denn die Antwort ist wohl ziemlich sicher: Ja. (Morrissey, anyone?)
Die eigentliche Frage ist also eher: wie geht man damit um.
@judas3000 hat das oben zeimlich gut dargelegt (und dabei auch noch mit netten Bonus-Facts über Jud Süß, Richard Strauß und Caravaggio garniert):
sowie
Sehr schön gesagt. Ich denke auch, dass Trennung von Werk und Autor zwar zulässig ist, es einem aber nicht erlaubt die Augen vor Dingen zu verschließen. Das ist oft verblüffend schwierig, weil „Fan sein“ bedeutet ja eigentlich immer, dass man eben von gutem Werk auf guten Künstler schließt.
Das finde ich auch ganz wichtig. Es gibt ja keine offizielle „Böser Künstler/Hersteller“ Maß-Skala und wenn es sie gäbe, und wenn man sie ernst nähme, dann wäre vermutlich fast nix mehr erlaubt.
Bei Boykottaufrufen, die mit einer Moralkeule verbunden sind, reagiere ich daher auch eher allergisch. Und das wäre mein (quasi vierter) Punkt.
Um mal nicht das Rowling Beispiel zu nehmen:
Wenn jetzt fast niemand mehr in ein Netrebko-Konzert gehen will, weil die unter anderem ihren letzten Geburtstag im Kreml gefeiert hat, dann finde ich das völlig OK, gut und nachvollziehbar.
Aber wer trotzdem hingeht: für mich auch akzeptabel.
Einen allgemeinen Aufruf „Boykottiert Netrebko, sonst unterstützt ihr den russischen Einmarsch in der Ukraine“ fände ich doof. Vor allem wegen des zweiten Teils, d.h. der Moral-Verknüpfung. Führt irgendwo so zu einem gefährlichen, wohligen Gefühl, auf der richtigen Seite zu stehen, ohne das man wirklich was gemacht hat. Und evtl. sogar eher Kollateralschaden erzeugt hat.
(Und ehe jetzt die Verbindung hergestellt wird: staatliche Sanktionen gegen z.B. Zentralbanken sind nochmal was anderes, dass meinte ich hier nicht mit „Boykott wegen Moral“)
Hihi, sehr schön
Schön geschrieben. Vielleicbt liegt das an meinem allgemeinen zynismus und misanthropie, aber ich habe bei solchen aktionen (oder auch das einfärben des profilbildes in blaugelb oder so firmenaktionen wie „kaufe das und das und spende für die ukraine“ immer das gefühl, dass es dabei weniger um die ukraine als um selbstdarstellung geht.
Kleine Ergänzung, hab’s ja gesagt, nur nicht so elegant: