ABSTIMMUNG: Wer hat den Gürtel? Januar 2022

Ich denke das hat auch sehr viel mit dem Anspruch des Spiels selbst bzw. in zweiter Instants deren EntwicklerInnen und vlt. weniger mit dem Anspruch der Spielenden zu tun. Die Anno-Reihe hatte meines Wissens nie den Anspruch absolute Realität abzubilden, sondern eher Realitäten (wie das 19 Jh.) so umzugestalten, dass sie im Konzept Aufbaustrategie ein möglichst gutes also spaßiges Spiel abgeben. Dafür werden natürlich Aspekte weggelassen oder vernachlässigt, aber aus meiner Pespektive ist sowas auch nicht schlimm, da eh niemand davon ausgeht hier verspielten (?) Geschichtsunterischt zu erhalten. Und damit unterscheiden sich solche Spiele dann auch klar von Simulationen oder Spielen die sich selbst als authentisch verstanden haben wollen, also in erster Linie eine möglichst nahe und detailgetreue Annäherung an die Realität anstreben und darum herum ein Spiel bauen (siehe z.B. Arma 3 aber auch das neue War Mongels). Da ich Sovjet Repuplic nicht gespielt habe weiß ich jetzt nicht wie sich das Spiel positioniert, aber es wirkt auf mich von dem was ich gehört habe nicht wie eine Simulation der SU.

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Ich habe inhaltlich nichts grossartig Neues beizutragen, aber ich finde es bemerkenswert, welch differenzierte, kontroverse und trotzdem angenehme Diskussionen in diesem Forum möglich sind.
Danke!

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Boah, ging ja gut weiter hier. Na, ich denke, wir kommen hier auch tendenziell zum Ende, aber folgendes ist mir doch noch mal wichtig zu betonen:

Also, das ist, zumindest soweit es mich betrifft, ein großes Missverständnis. Zugegeben, der Begriff ‚kulturelle Auseinandersetzung‘ ist extrem dehnbar. Ich meine damit, dass man ein geistiges Erzeugnis wie ein Computerspiel einfach aus den verschiedensten kulturellen Perspektiven heraus betrachtet und diese Perspektiven dann gewinnbringend nebeneinander stellt. Damit kommt man auf ganz verschiedene Aspekte und auch die Wertungen sind entsprechend unterschiedlich. Das finde ich prima, das ist spannend, das ist lebendige demokratische Kultur und da gibt’s für mich keine Perspektive, deren Ergebnis von vornherein feststeht und die irgendwie das Recht hat sich über alle anderen Perspektiven zu stellen und am Ende irgendwas verbieten zu wollen - wir leben ja schließlich nicht in einer soviet republic, höhöhö.
Generell bezweifle ich auch, dass diese Auseinandersetzung irgendein Ergebnis haben muss, außer, dass man über die Auseinandersetzung mit anderen Perspektiven den eigenen Horizont erweitern kann - wenn man mag. Wenn Computerspiele und die Beschäftigung damit alleine das schon schaffen, haben sie verdammt viel geschafft.
Und genau deshalb lehne ich auch diesen Bildung vs. Unterhaltung Dualismus ab, @echtschlecht165 . Gute Unterhaltung erweitert Horizonte, ohne explizit als Bildung daherzukommen. Die meisten Bücher, die wir im Deutschunterricht lesen mussten, wurden ursprünglich nicht als Bildungsliteratur, sondern zum Zweck der guten Unterhaltung geschrieben.

Ja, ich auch! Ich fände es superspannend, darüber mehr zu lesen. Worauf haben die Wert gelegt? Was sagen die damit aus? Ich glaube, mit der Konstellation aus Autoren und Setting ist es unmöglich, dass da keine inhärente Aussage drin ist. Ich brauch die vollständige historische simulation nicht und ich ließ es weiter oben anklingen, so etwas ist auch gar nicht möglich glaube ich. Aber solche Fragen sind halt sehr interessant. Übrigens bin ich seit einigen Wochen am nachdenken, was ich eigentlich aus cyberpunk 2077 über die 1980er lerne. Mein erstes Ergebnis: Autos waren wohl sehr wichtig.

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Ja, hat Spaß gemacht. Ich hoffe, dass klar wurde, dass es mir wirklich niemals darum ging, Spiele niederzumachen oder Leuten diese auszureden. „Historische Akkuratheit“ ist nur ein Punkt einer Spielekritik, genauso wie die Qualität des Speichersystems.

Wenn andere aber auf eigene gamestar-Artikel verweisen können um ihre These zu untermauern, habe ich das Gefühl, ein wenig außerhalb meiner Preisklasse zu Boxen. :slight_smile:
Daher hole ich mir schamlos Verstärkung in der älteren und jüngeren Geschichte.
Warum Spielekritik wichtig ist. Oder auf Angeber-Deutsch „Vom Wesen und Art der Spielekritik“. Wegen Überlänge in eigenem Thread.

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ich denke auch, dass hier das meiste gesagt worden ist.
Aber ich möchte nur noch klarstellen, dass ich nicht gegen den Dualismus Bildung vs Entertainment bin.
Im Gegenteil, ich bin für Vielfalt. Wogegen ich bin, ist dass man es zwanghaft in jedes Spiel reinpressen will.
Das einzige ,was mich wirklich stört an Doms Anno-Artikel ist, dass er den Entwicklern „Geschichtsrevision“ vorwirft. Und das ist ein starker Vorwurf, den man nicht einfach so machen sollte. Vorallem nicht Entwicklern eines Rosamunde Pilcher Schnulzspieles, dass nun wirklich niemand was böses will.
Ausserdem bringt er halt keine konkreten Vorschläge, wie die Sklaverei in Anno aussehen soll.
Soll in den Quietschbunten Annostädten nun aus den Bananenplantagen Peitschenschläge und Schmerzensschreie ertönen? (Um auch dem ignorantesten Spieler zu sagen: Sklaverei ist böse) oder soll es eher zum Quietschbunten Restkontext passen, und in den Bananenplantagen ernten fröhlich tanzende Negerlein (Achtung: dieses Wort verwende ich hier bewusst, da es aus der Sklaverei kommt) die Früchte.
Ich glaub, das Geschichtsbewusstsein würde wohl beides nicht voran bringen.

Ein anderes, für mich, schreckliches Beispiel, wenn man Geschichte ins Spiel einbinden will:
Assasins Creed Syndicate, Kinderarbeit.
Man kann Kinder aus deren Arbeitsstätten befreien und die Presse feiert es.

  1. Weil Kinder.
  2. Weil man ,wie man es gerne tut, die Vergangenheit mit unserer heutigen westlichen Moralvorstellung bewertet, und Kinderarbeit natürlich ein ganz schwarzer Fleck der Geschichte ist, der ausgerottet werden muss.

Und was tut man im Spiel:
Die Fabriken sind Gamemechanisch Lager, wie sie es in jedem Far Cry und jedem AC seit Brotherhood gibt. Töte 2 Wachen und 3 Elitewachen und zünde 3 Heuhaufen an, und dann befreist du die Kinder aus der Gefangenschaft.
Ihre anschliessende Arbeitslosigkeit, und die tatsache dass wirtschaftliche Notwendigkeit zur Kinderarbeit führten, wurde nicht in einem Wort angesprochen. Hauptsache die „Kinder sind frei“
Und so einen Murks feiert dann die Spielerpresse.

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Rennbahnweg und hausgrundweg sagen hold my beer
grafik

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die kenn ich, das ist in der Nähe meiner Arbeitsstelle.

In den 1980er Jahren rankten sich in Wien einige moderne Sagen um die Trabrenngründe. Unter anderem soll ein Mieter auf dem Balkon ein Pferd gehalten haben und eine Pensionistin soll im Gang beinahe von einem Moped angefahren worden sein, woraufhin sie aufgrund ihrer unglaubwürdig erscheinenden Aussagen der Psychiatrie übergeben worden sei.[10] Die Pferdehaltung in der Wohnung gab es tatsächlich, ebenso den Mopedfahrer, der im Gang einen Nachbarn anfuhr und verletzte, was bei der zuständigen Polizeiinspektion zur erstmaligen Aufnahme eines Verkehrsunfalls innerhalb eines Wohnhauses führte.[6]

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gibt es ein Buch über Dumme, aber Wahre Geschichten in Wien? Wieso weißt du das alles? :smiley: wenn es das nicht gibt, bitte eines schreiben.

Ich bin halt gelernter österreicher seit kindheit an.
Und arbeite auch schon lange in wien.

Das färbt bestimmt ab.

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Boah, Rennbahnweg habe ich schon verdrängt. Habe mal eine U1-Station vorher in der Nähe gewohnt und musste zwei, drei mal in dem Komplex zu einer Ärztin. Hab in Wien nie eine trostlosere Gegend gesehen als dort. Muss allerdings nicht stimmen, kenne niemanden der dort wohnt. Aber von außen und die Stimmung dort … Puuuuh.

ich kenn die geschichte von dem Gemeindebau, wo jemand ins Spital mit kopfverletzungen eingeliefert wurde und dieser angab von einem schifahrer im stiegenhaus überfahren geworden zu sein.
Der Patient wurde nach abheilen der verletzung in die psychatrie übernommen, wo er ein paar tage drin war.

Bis sich dann rausgestellt hat das er wirklich von einem Schifahrer getroffen wurde. Dieser wollte seine neue Bindung ausprobieren, wegen platzmangel halt ausserhalb der wohnung, wo er dann versehentlich die treppen runtergerauscht ist. Er hat es nach dem unfall mit der angst bekommen und anonym die rettung gerufen, dann aber ein schlechtes gewissen bekommen.

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wobei es heute nicht mehr so trostlos ist, wie es zum Zeitpunkt des Errichtens gewesen sein muss.
Rennbahnsiedlung und auch die Grossfeldsiedlung in der Nähe wurden damals in die Pampa gebaut. Ohne nennenswerte Anbindung an die Stadt und sonstige Infrastruktur.
Wie konnte man ahnen, dass es zu Problemen führen kann, wenn man zigtausende Menschen in sowas zusammenpfercht in Mitten von Nirgendwo.
Heute haben diese Siedlungen U-Bahn Anbindungen und sind in die Stadt reingewachsen.

Gespannt bin ich, wie die Seestadt in 20 Jahren dastehen wird…eher wie Grossfeld oder eher wie Alt-Erlaa?

PS: Noch ein Fun Fact: als wir im Gymnasium mal eine Woche auf Skikurs fuhren, war in diesem Schülerheim, wo wir untergebracht waren, auch eine Schule aus Wien (ödenburger Strasse, in der Nähe dieser Siedlungen).

Schon im Vorfeld hatten uns die Lehrer gewarnt, uns ja nicht mit diesen Haschgiftspritzenden Wienern abzugeben. Was wir natürlich ignorierten :smiley:

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Ich glaube, wir schauen aus unterschiedlichen Perspektiven eigentlich relativ gleich auf die Sache. Was ich mit meinem Mega-Epos sagen wollte war das:

Aus Spieler Sicht ist die Sache klar: wenn’s mir Spaß macht ist es gut. Das soll auch so sein.

Wovon ich aber mehr fordere ist die Spielekritik. Da bin ich relativ kompromisslos.
Aufgabe der Spielekritik bzw. der Spielekritiker, ist es meinen Horizont zu erweitern, „mich zu bilden“. Damit ich nachher „bessere“ Spiele geil finde.

Und dazu gehört es dann eben auch darauf hinzuweisen, wo und wie ein Spiel evtl. ein falsches Geschichtsbild erzeugen könnte. Möglicherweise reicht auch alleine der Hinweis schon.
Denn klar ist es nicht Aufgabe jedes oder überhaupt irgendeines Spiels, „historische Bildung“ zu vermitteln. Aber wenn oft genug auf Inkongruenzen hingewiesen wurde, findet irgendwann in irgendeinem Spiel ein Spielehersteller vielleicht irgendwann eine Lösung, das charmant und gut darzustellen. Und andere machen das dann nach.

So wie derartige Hinweise ja auch dazu geführt haben, dass weibliche Spielfiguren mittlerweile zumindest auch mal gelegentlich eine lange Hose anhaben.

Das diese Kritik dann häufig genau die Spiele trifft, die es eigentlich am wenigsten verdienen (weil sie es zumindest versucht haben), wie z.B. eben Anno oder Kingdom Come Deliverance ist zugegebenermaßen doof.

Aber: es ist zwar korrekt, dass mit Anno der falsche Baum angepinkelt wurde, aber mindestens genauso wurde mit Dom auch der falsche Spielekritiker angepinkelt. (Explizit nicht hier im Forum, Du und andere haben ja ihre Wertschätzung für den Artikel geäußert). In der Tat ist da vieles nicht glücklich und kommt zu krass rüber. Das liegt aber daran, dass derartige Betrachtungen in den regulären Reviews schlicht nicht vorkommen und nur eigene „Standalone“ Artikel dann immer den Eindruck erwecken, man würde das ganze Spiel verreissen.

Der Spiegel Online Artikel von Christian Schmidt hat es vor mehr als 10 Jahren formuliert (und ich hab’s obwohl ich da Leser bin erst durch wasted gefunden). Die Bullet-Points am Ende gelten nach 10 Jahren nach wie vor. Das ist eher schlechter als besser geworden. Zum Glück nicht hier :wasted:

[Rant]
Ich will Artikel wie den von Dying Light 2 (werde das Spiel nie spielen, habe aber was gelernt und danach Mirrors Edge gekauft), ich will auch Artikel wie den über Forza mit den Kakteen. Yay!
Was ich nicht will sind Spieletests, die nur die FPS Raten bei 2160p abrüfen oder (fast noch schlimmer) lediglich checken, ob „die Community Erwartungen“ auch schön erfüllt sind.
Und was ich auch nicht will ist, dass löbliche zaghafte Versuche an den Bullet-Points von Christian Schmidt zu arbeiten und „bessere“ Spieletests zu machen durch Community Shitstorms (nicht hier!) im Keime erstickt werden.
Im Gegenteil. Das ist unbedingt zu fördern. Dafür bezahle ich! (Diesmal völlig unironisch :slight_smile: ).
[/rant]

(EVtl. im Spielekritik Thread weiterdiskutieren. Ich hab’ schon echt schlechtes gewissen, den Gürtel-Diskussion hier so durch Spam zu unterbinden. Aber wenn’s um Spielekritik geht (oder ich das auch nur glaube), dann kenne ich kein Halten wie ihr seht…)

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Wenn ich das hier so lese wäre ich auch an einem Community Treffen in Wien interessiert, habe ja sogar selber mal ein paar Monate dort gelebt und würde gerne mit euch Alt-Erlaa besuchen und einen Spritzer am Würstelstand verzehren!

Habe übrigens neulich einen guten Freund von mir, der Architekt und Betonfluencer ist , über diesen Thread und geile Betonarchitektur vollgelabert.
Weiß nicht, ob er es so geil fand wie er getan hat (er spielt nicht) aber es hat sich bei dem Gespräch zufällig herausgestellt, dass er mit den Devs von Suzerain in einem Büro sitzt. Kleine Welt :sweat_smile:

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Und eine Eitrige bitte!

Ich habe jetzt irgendwie voll Bock am Rennbahnweg zu leben. Was für geile Geschichten.

Man könnte übrigens auch überlegen ob man nicht den Tierpark Stadt Haag als Österreichischen Tierpark Poing wählt oder alternativ Wölfe spazieren führen.

Alt Erlaa würde mich auch mehr interessieren als der Wildpark Poing.
geht in Deckung vor heranfliegenden wasted Tomaten

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Kann man ja beides machen! Es wohnen ja offenbar auch einige in Wien bzw. Österreich. Vielleicht mache ich später auch mal einen extra Thread zu Architekturgedöns bevor sich das hier weiter mit der Diskussion über Sklaverei in Anno vermischt…

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ca. 1,5h von Wien und mit der Bahn erreichbar ist dieser Park hier:
http://www.steppentierpark.at/

der kommt mir vom Konzept ähnlich wie Poing vor.

Tierpark Schönbrunn ist aber natürlich auch eine Möglichkeit. Das ist aber eher der klassische Zoo. Inkl allen Bedenken die man da haben kann.

posts brian GIF

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Find ich super! Dann können wir da auch über die Architektur in Cyberpunk sprechen!